Wackelt der Bürgermeister-Stuhl in Wartenberg?
Wackelt der Stuhl des Wartenberger Bürgermeisters Dr. Olaf Dahlmann (SPD) aufgrund eines Spendenquittung-Fauxpas? Nachdem sich April dieses Jahres der Erste Beigeordnete Bernd Wahl (FWGW)schriftlich erklärt hatte und nach 22 Jahren politischer Arbeit zurückgetreten war, forderte mit Karsten Ittmann ein prominentes Wartenberger Gesicht die Abwahl des Rathauschefs.
Von Mirko Luis
Der mit seiner Frau und seinen drei Töchtern in Angersbach lebende Verwaltungswissenschaftler wäre bei Weitem nicht der erste Rathauschef in Hessen, der durch so ein nervenaufreibendes Abwahlverfahren müsste .
In Bedrängnis gekommen ist Dahlmann durch eine Leihgabe von vier privaten Bauzaunfeldern. Diese hätten für das Anbringen von so genannten „Bauzaunbannern“ gedient, auf denen für das Gemeindejubiläum „50 Jahre Wartenberg“ geworben worden sei, so Dahlmann gegenüber dem Marktkorb. Exakt 174 Tage hätten seine privaten Bauzäune draußen gestanden. Im Nachgang habe er der Gemeinde für den Verleih eine Rechnung „zu deutlich reduzierten Marktpreisen“ gestellt, jedoch auf die Zahlung des Rechnungsbetrages verzichtet und stattdessen um die Ausstellung einer Spendenbescheinigung gebeten, rekapituliert Dahlmann in seinem Dienstzimmer. Diese Aussagen findet sich auch in einer„Persönlichen Erklärung“, die Dahlmann in der jüngsten Gemeinderatssitzung am 11. Mai abgegeben hatte, wieder. Sie liegt unserer Zeitung im vollständigen Wortlaut vor.
Leihgabe in guter Absicht
„Die Spendenbescheinigung wurde nach Prüfung des Sachverhalts von der im Rathaus zuständigen Sachbearbeiterin ausgestellt und zu Jahresanfang vom damaligen Ersten Beigeordneten unterschrieben“, heißt es in dem Statement. „Moralisch – das gestehe ich jedem zu – kann man sicher anderer Auffassung sein. Doch rechtlich sei „das Ganze sauber und formal-korrekt“, unterstreicht der SPD-Politiker. Sein Rechtsbeistand sehe das im Übrigen genauso. Seine Intention sei gewesen, den seinerzeit überschaubaren Bauzaun-Bestand des Bauhofes zu schonen. Der werde unter anderem für die Absperrung von Baustellen und anderen Gefahrenquellen benötigt. „Inzwischen haben wir den Bestand des Bauhofes aufgestockt.“ Letztendlich habe er sich entschieden, die umstrittene Spendenbescheinigung zu vernichten und den Betrag steuerlich nicht geltend zu machen. Demonstrativ zerriss Dahlmann die Quittung vor den Augen der Gemeinderatsmitglieder und in Anwesenheit des ehemaligen Ersten Beigeordneten Bernd Wahl. Dessen vorheriger Abgang hatte Paukenschlag-Charakter. Er könne das Verhalten des Bürgermeisters nicht mehr mittragen, wurde er von der „Oberhessischen Zeitung“ zitiert. Olaf Dahlmann zufolge gab es Ende April ein Schreiben, das Wahl versandt hat, „unter anderem an mich und die Vorsitzende der Gemeindevertretung, aber auch die Fraktionsvorsitzenden“.
Fronten scheinen verhärtet
Die Fronten scheinen verhärtet zu sein: Denn auch Wahl riet inzwischen öffentlich dazu, über ein Abwahlverfahren in Wartenberg nachzudenken. Das schwebt aktuell wie ein Damoklesschwert im Raum. Der besagte Spendenquittung-Fauxpas scheint aber nur der berühmte Tropfen zu sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. So gleichen die Aussagen von Karsten Ittmann in der Fuldaer Zeitung einer „Generalabrechnung“. Statt richtungsweisender Entwicklungen in Wartenberg gebe es eine ganze Reihe von „Dahlmann-Versäumnissen“, wird Ittman zitiert. Dieser legt hierbei auf die Feststellung Wert, dass er seine Kritik nicht in seiner Funktion als Parteivorsitzender der „Wartenberger Liste“, sondern als Bürger formuliere.
Als Kritikpunkte angeführt werden unter anderem ein seit 2019 nicht vorangekommener Kläranlagenanschluss an die Kreisstadt Lauterbach, ein nicht weiterverfolgter Architekten-Entwurf für ein Dorfgemeinschaftshaus (DGH) in Landenhausen und Untätigkeit in puncto Schulturnhalle Angersbach. „Es wird alles geblockt und verschleppt“, zementierte Ittmann auf unsere Anfrage seine Grundsatzkritik. „Um bei derart komplexen Themenfeldern rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, benötigen wir die Einbindung externer Expertise – und selbst Planungs-Fachbüros sind bei Förderverfahren, bei denen die Entscheidungsträger in Wiesbaden sitzen, die Hände gebunden“, hält Dahlmann entgegen.
Den Spendenquittung-Fauxpas bedauerte Dahlmann nach eigenen Angaben bereits in der besagten Sitzung am 11. Mai. „Unbenommen habe ich für Irritationen gesorgt – und das tut mir leid“, formulierte er dort. Und kündigte an, der Feuerwehr Landenhausen und Angersbach jeweils den Betrag von 100 Euro überweisen und dabei auf eine Spendenquittung verzichten zu wollen. Zu ihm sei danach die Kritik vorgedrungen, er habe sich damit „freikaufen wollen. So etwas gehe ihm nahe, weil es nicht seinem Ethos entspreche – weder als Mensch noch Politiker. Vieles, was über ihn diskutiert werde, sei „an den Haaren herbeigezogen“. Dahlmann nennt als Beispiel, dass er eben nicht Endlos-Zeit an der Hochschule Fulda verbringe, wie ihm unterstellt werde. „Den letzten Lehrauftrag hatte ich vor der Pandemie – wahrgenommen habe ich ihn mit Genehmigung des Gemeindevorstandes.“
Wie geht es jetzt weiter?
Ob tatsächlich ein Antrag auf ein Abwahlverfahren gestellt wird, das war zu Redaktionsschluss völlig offen. Die Hürden für eine Abwahl sind in jedem Fall hoch. Ein solcher Antrag müsste immerhin von mindestens der Hälfte der Mandatsträger eingereicht werden. Die nächste öffentliche Gemeindevertretersitzung ist für den 22. Juni geplant. Hier soll Barbara Luck (SPD) die neue Erste Beigeordnete Wartenbergs werden. Vielleicht kann sie ja die Wogen wieder glätten …