Kita-Gebühren: Tiefe Kluft zwischen Schlitzer Fraktionen
Von „Weihnachtsfrieden“ konnte im Schlitzer Stadtparlament am Montagabend im Konzertsaal der Landesmusikakademie keine Rede sein: Die CDU- und FDP-Fraktion auf der einen Seite und SPD und BLS auf der anderen lieferten sich einen heftigen Schlagabtausch wegen einer – laut Befürwortern – unausweichlichen Erhöhung der Kita-Gebühren zum 1. August 2024.
Von Mirko Luis
Laut „Schlitzer Bote“, dem die Zahlen im Detail vorlagen, kommen auf Eltern von Kindergartenkindern monatliche Mehrbelastungen von 43 bis 110 Euro zu. Der Tageszeitung des Schlitzerlandes zufolge werden für die vier städtischen Kitas ab August nächsten Jahres 183.475 Euro Zuschussbedarf veranschlagt. Aktuell gibt es 414 Kita-Betreuungsplätze in Schlitz, davon 339 im Ü3-Bereich und 75 im U3-Bereich.
SPD spricht von mangelndem Sparwillen
Mit Blick in Richtung der CDU-Vertreter warf SPD-Fraktionschef Dr. Konrad Hillebrand der „Mehrheitsfraktion“ nicht nur mangelnden Sparwillen vor. Sie habe den Haushalt vor die Wand gefahren. „Wir haben kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabeproblem“, legte Hillebrand den Finger in die Wunde. Er übte diesbezüglich abermals geharnischte Kritik am Projekt „Hahnekiez – Kulturviertel Schlitz“. Für ihn sei dies „das neue Dorfgemeinschaftshaus auf dem Gelände der Brauerei“. Und es sei „so überflüssig wie ein Kropf“. Die Gesamtkosten von mittlerweile über zwölf Millionen Euro hätten indes zu hohen jährlichen Zinsausgaben für die Stadt im sechsstelligen Bereich geführt. Damit würde etwas finanziert, was nicht gebraucht werde.
„Klare Falschinformation an Bürger des Schlitzerlandes“
CDU-Fraktionschef Kevin Alles wies mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass die Mehreinnahmen durch die Gebührenerhöhung die Stadt keinesfalls retteten, um den Haushalt zu sanieren. Auch ein Verweis, dass dieses Geld den Hahnekiez finanzieren soll, sei „ganz klar eine Falschinformation an die Bürger im Schlitzerland“. Alles betonte, dass die Debatte auch für die CDU keine leichte und sehr emotional gewesen sei. In gewisser Weise gehe es um die Steuerung von Angebot und Nachfrage. „Aufgrund der Erhöhung wird sich vielleicht schon jemand überlegen, geht mein Kind mit einem, zwei oder drei Jahren in den Kindergarten“, so Alles. In Härtefällen greife zum Glück der Sozialstaat.
BLS zeigte sich an Nicht-Weiterleitung von Elternbrief irritiert
BLS-Fraktionschef Dr. Jürgen Marxsen bezifferte für seine Fraktion die Höhe der Gebühren-Anhebung, die noch vertretbar gewesen wäre, mit 10 bis 20 Prozent. Er zeigte sich überaus irritiert, dass bei der Stadt ein Schreiben vorgelegen hat, das nicht an die Fraktionen weitergeleitet worden sei. „Wir hätten den ein oder anderen Aspekt schon gern direkt mit den Eltern klären wollen“, sprach Marxsen Tacheles.
Aufmarsch protestierender Vertreterinnen des Elternbeirates
Schon vor Beginn der von Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Dickert (CDU) mit zwölf Minuten Verspätung eröffneten Sitzung hatte sich Ungemach angedeutet. Protestierende Vertreterinnen des Elternbeirates der Kita am Schlosswiesenweg hatten Dickert ein Schreiben übergeben, das sie bereits im November 2023 per Mail an die Stadt geschickt hatten, adressierte an Bürgermeister, Magistrat und Stadtverordnete. Jedoch war der Originaltext, wie Bürgermeister Heiko Siemon (CDU) mit Bedauern einräumte, nicht weitergeleitet worden. Das von Jürgen Dickert verlesene Schreiben verdeutlichte die Wucht der Belastungen. Lediglich eine „sechsprozentige Erhöhung“ der Gebühren, so der Eltern-Appell, sei tragbar.
FDP will jede Kostengruppe im Haushalt überprüft sehen
FDP-Fraktionschef Jürgen Laurinat sprach sich indes für eine Erhöhung aus. Er mahnte an, jede Kostengruppe im Haushalt auf den Prüfstand zu stellen.
Bei 16 Ja-Stimmen, 11 Gegenstimmen und 1 Enthaltung bekam die Gebührenerhöhung schließlich die benötigte Mehrheit.
Bürgermeister Heiko Siemon bringt Haushalt für 2024 ein
Im weiteren Verlauf der Sitzung legte Bürgermeister Heiko Siemon den mit Spannung erwarteten Entwurf des Haushaltsplans 2024 vor, der unter anderem Investitionen in Höhe von 8,4 Millionen Euro vorsieht. Der Löwenanteil der von der Burgenstadt Schlitz für 2024 geplanten Investitionen entfällt auf die Hahnekiez-Gebäude A – D (1,8 Millionen Euro), das Hahnekiez-Gebäude K und die Freifläche (1,9 Millionen Euro), die Ortsdurchfahrt Schlitz (800.000 Euro), Maßnahmen an Gewässern (370.000 Euro) sowie Investitionen in der Kulturscheune Queck (270.000 Euro). Für die Fortführung begonnener Maßnahmen benötigt die Stadt Kreditmittel in Höhe von rund 5 Millionen Euro. Eine Verpflichtungsermächtigung wurde nicht veranschlagt. Die Höhe des Liquiditätskredits bleibt mit einer festgelegten Höhe von 1,8 Millionen Euro unverändert.
Gewerbesteuereinnahmen „schöne Trendlinie“
Als Beibehalt einer „schönen Trendlinie“ bezeichnete Heiko Siemon voraussichtliche Jahres-Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 3,3 Millionen (Steigerung um 125.000 Euro), die aus einem breiten Branchenmix kämen. Sehr positiv sei, dass die Schlüsselzuweisungen um 1,3 Millionen Euro steigen würden. „Das hilft uns natürlich und ist gerade für eine ländliche Region wie uns extrem wichtig, um die extrem gestiegenen Personalkosten kompensieren zu können.“ Allein von 2020 bis 2004 ergebe sich bei den Personalkosten durch Tarifsteigerungen und Nachwirkungen der Stellenbewertung eine Steigerung um 33 Prozent. „Und dann bekomme ich gesagt, wir hätten eine unsolide Haushaltsführung und müssen mehr sparen“, merkte der frühere Banker an und wies damit gleichsam auf das enge Finanzkorsett hin.
Siemon: „Haben da keine Luftnummern drin“
Rathauschef Heiko Siemon betonte angesichts des überschaubaren Fehlbetrags von 112.972 Euro, dass die Planung der Verwaltung „so schlecht nicht gewesen ist“. „Wir haben da keine Luftnummern drin und keine Puffer eingebaut“, betonte er. Der Ergebnishaushalt hat Siemon zufolge Erträge in Höhe von 23.340.105 Euro und Aufwendungen in Höhe von 23.453.077 Euro. Bei den Aufwendungen bilden Kreis- und Schulumlage mit zusammengerechnet rund 8,3 Millionen Euro die größte Position, gefolgt von Personalkosten in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro. Erfreulich aud Sicht des Bürgermeisters sind die außerordentlichen Erträge in Höhe von rund 900.000 Euro, die den Angaben zufolge aus dem Verkaufserlös von Neubaugrundstücken in Hutzdorf und im Gewerbegebiet Queck resultieren. Für die Baugrundstücke in Hutzdorf gebe es zehn Interessenten. „Hier haben wir sogar schon den ersten Vorvertrag unterschrieben.“
Allein bei Flüchtlingen 80.000 Euro Defizit
„Wir haben Rahmenbedingungen, die keiner in diesem Parlament beeinflussen kann“, so Siemon bei der Einbringung des Haushaltes. Hierfür lieferte er auch gleich einen signifikanten Beleg. Nachdem der Vogelsbergkreis die Betreuung der Flüchtlinge auf die Kommunen übertragen habe, was das ganze Jahr 2024 beträfe, befinde man sich bei dieser Haushaltsstelle mit fast 80.000 Euro im Defizit. „Hier sind wir uns im Klaren, dass wir nicht den Rotstift ansetzen können, sondern es unsere allgemeine Aufgabe ist, hier Hilfe zu leisten.“
Stellenstreichungen bedeuten im Umkehrschluss weniger Leistung
Mit Blick auf die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst betonte er, dass jeder im Raum wisse, was hier für eine Arbeit geleistet werde. „Wir können dort streichen, aber streichen bedeutet, wir streichen Stellen und nicht im Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD).“ Siemon warnte in diesem Zusammenhang, dass eine Stellenstreichung im Umkehrschluss bedeuten würde, weniger Leistun zu haben. Mit Blick auf die Umsetzung von Maßnahmen im Rahmen des Integrierten Kommunalen Entwicklungskonzepts (IKEK) und des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) wurde Siemon ebenso deutlich: Wolle man das nicht, müsse dies auch ehrlich gesagt werden. „Dann haben wir auch keine Zinsbelastung und auch keinen Kredit.“ Das Projekt Hahnekiez sei aus seiner Sicht ebenso sinnvoll wie Erschließungsmaßnahmen sowie weitere Investitionen in die Infrastruktur und den Sicherheitsbereich, hier vor allem dem Brandschutz. Zur Ehrlichkeit dazu gehöre der Fakt, dass man Projekte wie beispielsweise die Erschließung von Neubaugrundstücken oder von Straßen vorfinanziere und das Geld zu einem späteren Zeitpunkt zeitversetzt zurückbekomme. Siemon appellierte, sich bei den anstehenden Haushaltsberatungen „gute Gedanken“ zu machen, an welcher Stelle etwas gestrichen werden könne. Er stehe allen Fraktionen gerne unterstützend zur Seite und sei auf die Ergebnisse der Beratungen gespannt.