Großenlüder | Großenlüderer Neujahrsempfang mit spannendem Expertinnen-Vortrag sowie posthumer Verleihung des 6. Ehrenamtspreises an Georg Lomb

Glück und Beruf können eins sein

Sinnempfinden, Selbstverwirklichung und Gemeinschaft sind die drei Zauberworte für das Glück im Job. Anhaltspunkte aus der Forschung erhielten die knapp 200 Gäste am vergangenen Sonntag beim gemeinsamen Neujahrsempfang von Gewerbeverein und Gemeinde Großenlüder im Lüderhaus. Emotionaler Höhepunkt des Tages war die posthume Verleihung des 6. Ehrenamtspreises der Gemeinde Großenlüder an Georg Lomb.

Von Mirko Luis

In ihrem mit Spannung erwarteten Vortrag zeigte die Hauptrednerin des Tages, Psychologie-Professorin Dr. Ricarda Rehwaldt, auf, was Menschen bei der Arbeit glücklich macht. „Sinnempfinden entsteht immer dann, wenn man das Gefühl hat, mit seiner Arbeit einen wertvollen Beitrag zu einem übergeordneten Ziel zu leisten – und sich als Teil eines großen Ganzen fühlt“, sagte die Expertin, die als Dozentin an verschiedenen Hochschulen in Deutschland lehrt. Es reiche manchmal schon aus, einem Hilfe benötigenden Kollegen unter die Arme zu greifen, um Glück zu spüren. Beschäftigte legten zudem auf ausreichend Handlungsspielräume wert und wüssten es zu schätzen, wenn ihre Ideen, wie etwas besser gehen könnte, real umgesetzt werden könnten.

Der Expertin zufolge sagen über 91 Prozent der in einem Handwerksberuf Beschäftigten, dass ihr Beruf sinnstiftend ist. Sie selbst habe vor ihrer akademischen Karriere Tischlerin gelernt und könne das gut nachvollziehen. Die direkte Arbeit beim Kunden und dessen Feedback seien ebenso wichtige Glücks-Booster wie die zu spürende Wertschätzung. Glücklichere Mitarbeitende seien nicht nur produktiver, sondern auch gesünder, da die ausgeschütteten Glückshormone das Immunsystem aktivierten.  71 Prozent der in einer aktuellen Studie befragten Menschen hätten zudem erklärt, für mehr Arbeitsglück auf bis zu 20 Prozent Gehalt zu verzichten.

 

Dem mit viel Beifall bedachten Vortrag ging die offizielle Begrüßung durch Bernhard Keller, der von Anfang an im Gewerbeverein Großenlüder dabei ist, an der Seite vom 2. Vorsitzenden Hans-Georg Gies (Fleischerei Gies GmbH) voraus. Unter den gut 200 Gästen befanden sich unter anderem der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda, Michael Konow, die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Fulda, Gabriele Leipold, der hessische CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Hering, der Vorsitzende der Gemeindevertretung Bad Salzschlirf, Friedrich Meister, Ortsvorsteher Jürgen Hübl (UBL), zahlreiche Gewerbetreibende sowie eine Vielzahl von Vertretern aus dem ehrenamtlichen Bereich, insbesondere Vereinen der Gemeinde. „Die IHK Fulda ist zwar die kleinste, aber dafür die pfiffigste und beste in Deutschland“, sagte Keller in Richtung des IHK-Hauptgeschäftsführers, der dies mit Freude vernahm.

Liebe als Generalschlüssel, der die Tore zum Glück öffnet

Für die gelungene musikalische Begleitung sorgte die Mara und Chris Miller Band. Mit dem schönen Satz „Liebe ist der Generalschlüssel, der die Tore zum Glück öffnet“, stimmte der Unternehmer und Moderator Bernhard Keller auf das Thema ein, er zitierte damit den amerikanischen Arzt und Schriftsteller Oliver Wendell Holmes (1809 bis 1894). Keller wies angesichts negativer Schwingungen im Land hin, wie wichtig der respektvolle tägliche Umgang miteinander ist. Er bedanke sich bei dem langjährigen Vorsitzenden des Gewerbevereins Großenlüder, Stephan Günther, der sich von der 1. in die 3. Reihe verabschiedet habe. Nach Informationen der FZ soll im Frühjahr dieses Jahres ein neuer 1. Vorsitzender gewählt werden. Mit Blick auf die zuletzt auf drei Millionen Euro angewachsene Rekord-Gewerbesteuer, die die Gemeinde vereinnahmen konnte, verkündete Keller selbstbewusst: „Wir sind das Fundament der Gemeinde, denn so ein Betrag muss erst eimal erwirtschaftet werden.“ Keller zählte auf der Haben-Seite unter anderem eine intakte Infrastruktur, „gesunde Arbeitsplätze“ und eine Vielzahl an Betrieben, deren Weiterbestehen durch die bereits erfolgte Übergabe an die nächste Generation gesichert sei, auf. „Das ist ein Glück und ein Schatz.“ Mit Blick auf den Fachkräftemangel und die demographische Entwicklung bezeichnete Keller Stimmungsmache gegenüber Mitbürgern mit Migrationshintergrund als „Wohlstandskiller erster Qualität“, der kontraproduktiv für die Gewinnung dringend benötigter Fachkräfte aus dem Ausland sei.

Pfarrer Joachim Hartel: Menschen so annehmen, wie sie sind

Pfarrer Joachim Hartel wies darauf hin, dass der erste Ausdruck von Glück ein offenes und fröhliches Gesicht ist. Wir in Deutschland lebten immer noch in einer vergleichsweise glücklichen Situation gegenüber Ländern, in denen leider noch immer Menschen lebten, denen es am Nötigsten fürs Leben fehle. Mit Blick auf hilfsbedürftige Menschen und praktizierte Nächstenliebe erinnerte Hartel daran, „dass der Nächste der ist, der meine Hilfe braucht“.  Wer sich als Christ bezeichnen wolle, müsse hilfsbedürftige Menschen annehmen,wie sie sind, und nach Kräften versuchen, das Menschenmöglich zu tun, damit diese Menschen in unserer Gesellschaft ein menschenwürdiges und angenommenes Leben erfahren würden. Hartel wünschte allen Gästen ein gesegnetes neues Jahr.

Florian Fritzsch: „Sind an einem Wendepunkt angelangt“

„Wir sind an einem Wendepunkt angelangt, in einer Zeit, die von multiplen Krisen geprägt ist – Deutschland, Hessen und auch unsere Gemeinde sind Teil dieser herausfordernden Zeit“, sagte Bürgermeister Florian Fritzsch (parteiunabhängig). „Unsere Gemeinde steht dabei für Zusammenhalt, Respekt und Offenheit“, betonte er. Jeder Einzelne könne dabei seinen Beitrag leisten, indem er seine Ideen zur weiteren Gestaltung der Zukunft der Gemeinde einbringe. Eine Vor-Ort-Politik des aktiven Dialoges mit den Menschen liege ihm besonders am Herzen, so Fritzsch. Demokratie brauche die Vielfalt an Meinungen und Perspektiven. Hierzu zitierte Fritzsch den ehemaligen hessischen Landesvater Volker Bouffier (CDU) mit den Worten: „Lasst uns annehmen, auch der andere könnte Recht haben.“

Gemeinde zeichnet sich durch starken Zusammenhalt aus

Fritzsch betonte, dass sich die Gemeinde Großenlüder durch einen starken Zusammenhalt auszeichne. Damit knüpfte er an die Worte von Bernhard Keller, der zuvor mit viel Wertschätzung erwähnt hatte, dass die Hälfte der Menschen, die in Großenlüder wohnen, Mitglied in einem Verein sind. „Mit großem Elan wollen wir in diesem Jahr im Kernort noch ein Wohnprojekt vorantreiben auf den Weg bringen, dass neben dringend benötigten Mietwohnungen auch Platz für den Ausbau der allgemeinen medizinischen Versorgung und Räume für die Begegnungen zwischen Jung und Alt ermöglichend soll“, kündigte Fritzsch an.

Verleihung des Großenlüderer Ehrenamtspreises

Vor dem geselligen Teil des Abends und dem Netzwerken miteinander nutzte die Gemeinde unterdessen den Rahmen, um den Großenlüderer Ehrenamtspreis für das Jahr 2024 zu verleihen, dem insgesamt sechsten in der Neuzeit. Fritzsch richtete insbesondere Worte an die Familie Lomb beziehungsweise deren Freunde. Ende letzten Jahres sei die Jury des Ehrenamtspreises zu einer Sitzung zusammengekommen, um den nunmehr anstehenden sechsten Ehrenamtspreis und dessen Verleihung zu beraten und zu besprechen. Die Vorschläge seien aus der Bürgerschaft gekommen. Es seien verschiedene Vereine, aber auch verschiedene Privatpersonen vorgeschlagen worden, die sich beim freiwilligen Einsatz für die Gemeinde in den letzten Jahren hervorgehoben hätten. „Einstimmig ist die Jury zu dem Urteil gelang, Georg Lomb mit dem 6. Ehrenamtspreises zu würdigen“, so Fritzsch.

Durch sein Wirken hat der Ehrenvorsitzende der Feuerwehr Großenlüder-Mitte das Bild der Feuerwehr maßgeblich geprägt. Über 51 Jahre diente er seiner Feuerwehr ehrenamtlich und freiwillig. Über 30 Jahre hat er als Vorsitzender des Feuerwehrvereins mit überdurchschnittlichem Engagement Verantwortung übernommen. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst hatte er das Amt des Sprechers der Ehren- und Altersabteilung übernommen.

Ein für alle unerwarteter Tod mit nur 68 Jahren

Lomb war im vergangenen Jahr im Alter von nur 68 Jahren für alle überraschend viel zu früh verstorben. „Die Gemeinde Großenlüder ehrt heute einen Mann, der schmerzlich vermisst wird“, erklärte Fritzsch anlässlich der Ehrung, die Lombs Frau Irmgard mit Familie und Freunden entgegen nahm. „Die posthume Verleihung des Preises ist eine wohlverdiente Anerkennung für ein beeindruckendes Engagement und seine herausragende Leistung. Gerne hätten wir ihn heute Abend diese Auszeichnung persönlich überreicht“, meinte Fritzsch.

Georg Lomb habe sich im außerordentlichen Maße für die Anliegen der Freiwilligen Feuerwehr und die Gemeinschaft eingesetzt und sei als langjähriger Vorsitzender des Feuerwehrvereins eine tragende Säule gewesen. „Mit seinem Namen sind unzählige Errungenschaften verbunden, die noch heute die Gemeinde Großenlüder bereichern“, würdigte Fritzsch.

Erste Preisvergabe im Jahr 2013 vergeben

2011 hatte die Gemeindevertretung der Gemeinde Großenlüder beschlossen, als Anerkennung zur Stärkung des Ehrenamtes und der ehrenamtlichen Tätigkeit alle zwei Jahre einen Ehrenamtspreis zu vergeben. Erstmals wurde der Preis 2013 verliehen. Der erste Preisträger waren die Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Großenlüder. Zuletzt hatte die Familie Sohmen und Helferinnen und Helfer für ihr besonderes Engagement für das Natur- und FFH-Gebiet Langenberg in Großenlüder den Ehrenamtspreis gewonnen, der zu Corona-Zeiten 2021 übergeben worden war.