„Brauchen auch einen Deckel für städtische Gebühren“
Ein neuerlicher Richtungsstreit über städtische Finanzen entbrannte am Montagabend im Schlitzer Stadtparlament. Diesmal ging es allerdings nicht um die Kulturhalle, bei der sich die Kosten der Arbeiten erfreulicherweise im vorgesehenen Rahmen einpendeln, wie Bürgermeister Heiko Siemon (CDU) in seinem turnusmäßigen Bericht aus dem Magistrat mitteilte. Stein des Anstoßes waren diesmal die Kita-Gebühren.
Von Mirko Luis
Gegen den Widerstand der Fraktionen „Bunte Liste Schlitzerland“ (BLS) und SPD wurde eine Gebührenerhöhung um zehn Euro ab 1. Januar 2023 beschlossen. Es ist der zweite Schritt einer bereits beschlossenen, gestaffelten Gebührenerhöhung im Umfang von 20 Euro. Die hatte die BLS seinerzeit mitgetragen. Inzwischen habe sich allerdings viel verändert. „In diesem Jahr gab es gewaltige Veränderungen, die so nicht vorherzusehen waren“, sagte BLS-Fraktionschef Dr. Jürgen Marxsen, der unter anderem auf Energiepreis-Erhöhungen und einen Anstieg der Lebensmittelpreise verwies. Diese stellten nicht nur für Familien im unteren, sondern auch im mittleren Einkommensbereich eine Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund regte Marxsen nun eine Aussetzung von Schritt zwei der Kindergarten-Gebührenerhöhung an.
„Bürger werden regelrecht gemolken“
Prof. Dr. Konrad Hillebrand (SPD) fand die Abkehr der BLS von ihrem Beschluss „erstaunlich“ – seine Fraktion bleibe bei ihrem vor einem Jahr abgegebenen Veto. Die Bürger würden „regelrecht gemolken“, sagte Hillebrand unter Hinweis darauf, dass bereits Abwassergebühren und Grundsteuern erhöht worden seien. Die heimischen Konservativen, so der Vorwurf von Hillebrand, erwiesen sich als „Inflationstreiber“. Sein Gegenvorschlag: „Wir brauchen auch einen Deckel für städtische Gebühren.“
CDU-Fraktionschef Kevin Alles widerspricht aufs Schärfste
CDU-Fraktionschef Kevin Alles widersprach aufs Schärfste. „Es sei Ihnen gegönnt, die große Politik ins Schlitzerland gebracht zu haben“, lautete seine Replik auf die Äußerungen von Hillebrand. Er warnte vor einem Einschreiten der Kommunalaufsicht, die mit Sicherheit „um die Ecke käme“, wenn die Stadt nicht auf eine Stabilisierung der ihrer Finanzen durch entsprechende Beschlüsse hinwirke. „Wir haben die günstigsten Kindergartenbeiträge der Region“, unterstrich indes der CDU-Fraktionschef in der Debatte. Die Erhöhung sei zudem moderat. Um diese Aussage zu stützen, lieferte Rathauschef Heiko Siemon ein Rechenbeispiel.
Bürgermeister Heiko Siemon erläutert „Gute-Kita-Gesetz“
„Wir reden hier über zehn Euro und legen beim Personal pro Monat 130 Euro je Erzieherin/Erzieher drauf.“ Zuvor hatte der Bürgermeister die weitreichenden Folgen des „Gute-KiTa-Gesetzes“, das unter anderem mehr Qualität in die frühkindliche Betreuung bringen soll, erörtert. Auch dieses Gesetz, das bis Ende Juli 2023 umgesetzt sein müsse, wirke sich auf die städtischen Finanzen aus. Dem Gesetz zufolge soll das Führungspersonal der Einrichtungen ganz oder teilweise von der Kinderbetreuung freigestellt sein, sodass zusätzliches Personal eingestellt werden müsse. Die Rede war hier von bis zu sieben zusätzlichen Kräften. Am Markt seien aktuell wegen des Fachkräftemangels kaum Erzieher zu finden, so Siemon. Um hier die Kosten nicht aus dem Ruder laufen zu lassen, nahm das Stadtparlament eine Änderung der Satzung vor. Verbunden ist diese mit der Einführung eines neuen Betreuungszeitraumes von 7 bis 15 Uhr. Beobachtungen zufolge nutzt die Mehrheit der Eltern diese Zeit zum Bringen und Holen der Kinder.
SPD Schlitzerland vermisst natürliches Preisgefälle zwischen Kernstadt und umliegenden Ortsteilen
Der Preis für das voll erschlossene Grundstück im Neubaugebiet Hutzdorf wird 95 Euro pro Quadratmeter, der im Neubaugebiet Queck (2. BA) 85 Euro betragen, beschloss jetzt das Stadtparlament. „Nicht angemessen“, wetterte Prof. Dr. Konrad Hillebrand (SPD) angesichts einer Verteuerung von etwa 200 Prozent in Queck. „Marktgerecht“, hielt Kevin Alles (CDU) entgegen. Hillenbrand führte als Grund für die ablehnende Haltung seiner Fraktion unter anderem an, dass es kein natürliches Preisgefälle zwischen den Immobilienpreisen in der Kernstadt und den umliegenden Ortsteilen gebe – je weiter sich ein Bauplatz von der naturgemäß teureren Kernstadt entfernt befinde. desto günstiger müsse das Bauland sein. Vor allem die absolute Höhe der Grundstückspreise in Queck seien nicht angemessen. CDU-Fraktionschef Kevin Alles wies darauf hin, dass die vorherigen Preise schon älter seien und eine weitere „massive Steigerung“ der Baukosten zu erwarten sei. Wäre der Stadt dem Alternativvorschlag der SPD für das Neubaugebiet in Queck gefolgt (60 Euro pro Quadratmeter), würde die Stadt „richtig Geld drauflegen“ und den Haushalt belasten, sodass man sich in ein, zwei Jahren wieder an dem Punkt befinde, dass de Steuern erhöht werden müssten.
„Es gibt noch Bauwillige, die über den Tellerrand hinaus schauen“
„Es gibt noch Bauwillige, die über den Tellerrand hinausschauen und die wissen, dass sie mit den Baupreisen in Schlitz noch gut bedient sind“, so Alles. Gerald Gottwald (CDU), Vorsitzender des Haupt,- Finanz- und Wirtschaftsausschuss (HFWA), hatte eingangs der Debatte konkrete Zahlen aus den umliegenden Kommunen genannt. So lägen die Quadratmeter-Preise in Bad Salzschlirf für erschlossene Grundstücke zwischen 50 und 80 Euro, geplant seien jedoch 100 bis 120 Euro. Auch in Großenlüder bewegten sich die Quadratmeter-Preise bei erschlossenen Grundstücken in Richtung 100 Euro. „Ihre Sicht der Dinge überrascht mich“, so Hillebrand, „ich muss davor warnen, den Weg zu beschreiten, den Sie angedeutet haben.“ Statt Leute heute zur Kasse zu bitten und damit eher abzuschrecken, sei es allemal besser, preiswert in den Markt zu gehen und die Preise gegebenenfalls im Nachgang nach oben anzupassen. Je mehr Bauwillige sich für Schlitz entschieden, desto höher werde die Einwohnerzahl. Und die sei nun mal maßgeblich für Schlüsselzuweisungen, von denen die Kommune profitiere.v“Den Weg, den Sie gehen wollen, werden wir auch in Zukunft nicht mitgehen“, drohte Hillebrand am Ende der Debatte. Sein Veto hatte allerdings keinen Erfolg: Bei sieben Gegenstimmen wurden letztendlich die genannten Preiserhöhungen auf den Weg gebracht.
Prüfung von Einsatzmöglichkeiten hellen Asphalts
Ein weiterer gefasster Beschluss des Abends galt dem Thema Straßenbau/Straßenausbau. Der Magistrat wurde per Änderungsbeschluss der CDU Schlitz beauftragt, in einer Sitzung des HFWA über das Thema „Einsatzmöglichkeiten von hellem Asphalt im Bereich des Schlitzerlandes“ zu berichten. Hierzu sollen fachkundige Personen – wie etwa Vertreter von „Hessen Mobil“, Baufirmen und Asphaltmischwerken – eingeladen werden, im Vor- und Nachteile zu erläutern. Dem Beschluss voraus ging ein entsprechender Vorschlag der BLS-Vorschlag. BLS-Fraktionschef Dr. Jürgen Marxsen hatte darauf hingewiesen, dass vor allem in Norddeutschland auf vielbefahrenen Straße heller Asphalt zum Einsatz komme. Simpler Grund: „Heller Asphalt heizt sich weniger auf.“ CDU-Fraktionschef Kevin Alles wies darauf hin, „dass wir hier über alle innerörtlichen Straßen reden“. Deshalb wolle seine Fraktion „keinen Blankoscheck ausstellen“. Dennoch sperre man sich vom Grundsatz her nicht für den Beschluss, sondern wolle zunächst die Experten zu Für und Wider zu Wort kommen lassen. „Uns hat der Antrag ratlos gemacht“, mischte sich Prof. Dr. Konrad Hillebrand (SPD) in die Debatte ein. Vor allem aus sprachanalytischer Sicht gebe es Bedenken. Gemeint war die Formulierung in dem von der BLS vorgelegten Beschluss-Vorschlag „vermehrt hellen Asphalt einzusetzen“. Das sei der SPD zu allgemein. Und zu ungenau. Die BLS konnte sich unterdessen mit dem CDU-Änderungsvorschlag anfreunden.