Petersberg | Ampel lenkt teilweise ein: Osthessische Landwirte halten dennoch an geplanten Aktionen ab Montag fest

„Fass nicht übergelaufen, sondern geborsten“

Trotz der Ankündigung der Ampel-Koalition, geplante Kürzungen von Subventionen für Landwirte teilweise zurückzunehmen, hielten der Kreisbauernverband (KBV)Fulda-Hünfeld und die Initiative Land schafft Verbindung (LsV) kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe an den Plänen für eine Aktionswoche vom 8. bis 12. Januar fest.

Von Mirko Luis

Wie die Spitze des Verbandes am Donnerstagnachmittag auf einer Pressekonferenz am Standort der Raiffeisen Waren GmbH in Petersberg bekanntgab, wird sich in der Nacht von Sonntag auf Montag ein Tross mit geschätzt 100 bis 200 Landwirten mit Schleppern zu einer Sternfahrt in Richtung Landeshauptstadt Wiesbaden in Bewegung setzen. Parallel dazu soll es am Montag im Bereich vom Technologiepark West eine Veranstaltung für die hiesigen Landwirte geben, um auf Sorgen aufmerksam zu machen. Hieran werden dem Vernehmen nach auch Berufsgruppen, die sich mit den Bauern solidarisiert haben – etwa Speditionen und das Handwerk – teilnehmen. Nach den Worten von Stefan Schneider, 1. Vorsitzender des KBV Fulda-Hünfeld, wird dort mit noch mehr Teilnehmern als beim Tross Richtung Wiesbaden gerechnet.

Verkehrsbehinderungen am Fuldaer Westring

Mit Verkehrsbehinderungen sei hier ebenso zu rechnen wie am kommenden Mittwoch, 10. Januar, wo eine weitere Aktion im Bereich der Autobahn geplant sei. Den Abschluss der Aktionswoche solle eine Kundgebung am Freitag, 12. Januar, bilden. Die genauen Orte und Zeiten standen am Donnerstag noch nicht fest. „Wir stehen mit Behörden in Kontakt, machen nur Aktionen, die auch genehmigt werden“, so Sebastian Schramm, Geschäftsführer des KBV Fulda-Hünfeld. „Man kann sich nicht vorstellen, was auf den Höfen los ist“, sagte indes Stefan Schneider, 1. Vorsitzender des KBV Fulda-Hünfeld, mit Blick auf die geplante Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel. Deren Auswirkung sei enorm. „Das ist in etwa so, als wenn Ihr Chef zu Ihnen sagen würde, dass Sie im Jahr ab sofort anderthalb Monatsgehälter weniger bekommen.“ Das berühmte Fass, so Schneider zum Frust der Bauern, „ist nicht nur übergelaufen, sondern geborsten“. „Wir brauchen den Treibstoff nicht, um in den Urlaub zu fahren, sondern um Lebensmittel zu produzieren“, ergänzte Landwirt Christian Hartmann (Vorstand KBV Fulda-Hünfeld) aus dem Hofbieberer Ortsteil Wiesen  klar. Laut Schneider gibt es zudem aktuell keine Alternative zum Diesel, so seien zumindest mittelfristig bei Traktoren keine alternativen Antriebe in Sicht.

Ampel lenkt zumindest teilweise ein

Erster Teilerfolg der Bauernproteste: Laut einer Pressemitteilung der Bundesregierung soll es keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft geben. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen.

 

„Die Regierung muss nachsitzen“

Sebastian Schramm, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld, erwartet mehr von der Regierung. „Im Idealfall werden beide Forderungen erfüllt von der Regierung.“ Zu gut deutsch: Auch die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel müsse komplett zurückgenommen werden. „Die Regierung muss da nachsitzen und unserer Meinung nach das ganze Paket nochmal überdenken“, legt Stefan Schneider nach. Nach Darstellungen von Sebastian Schramm ist der Kapitalbedarf für Landwirte gewachsen. Um die seitens des Gesetzgebers in vielen Bereichen hochgeschraubten Auflagen erfüllen zu können, müssten Betriebe in modernste Technik investieren, um weiter produzieren zu können. Als Beispiel nannte er die neueste Technik zur Ausbringung von Gülle, die wahnsinnig teuer sei. Indes verdiene der Betrieb durch diese keinen Cent mehr. Kreislandwirt Winfried Schäfer befürchtet, dass sich der Strukturwandel in der Landwirtschaft durch sich weiter verschlechternde Rahmenbedingungen beschleunigen wird und immer mehr Lebensmittel importiert werden, deren Produktion nicht mit den extrem hohen Standards in Deutschland zu vergleichen sei. Die Bauern demonstrierten weder für eine 35-Stunden-Woche, noch 12 Prozent Lohnerhöhung, sondern lediglich dafür, ganz normal ihre Arbeit machen zu dürfen – ohne Steuererhöhung.

ÜBER DEN KREISBAUERNVERBAND FULDA-HÜNFELD
Der Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld hat nach eigenen Angaben aktuell 2300 Mitglieder. 80 Prozent der Mitglieder sind Nebenerwerbsbetriebe, 20 Prozent Betriebe im Haupterwerb.