Bad Salzschlirf | Könnte die Einführung der neuen Kurtaxe für beruflich veranlasste Übernachtungen für Bad Salzschlirf womöglich zum Bumerang werden?

Ute Passage (FWL) warnt vor Bumerang-Effekten

„Es ist eine Mammutaufgabe, zwei Haushalte in einem Jahr einzubringen“, lobte CDU-Fraktionschef Alexander Kluge Bürgermeister und Verwaltung in Bad Salzschlirf während der Gemeindevertretersitzung. FWL-Fraktionschef Dr. David Post bedankte sich für die pünktliche Einbringung des Etatentwurfs.

Von Mirko Luis

„Wichtig ist, dass der Haushalt erneut ohne Steuererhöhungen auskommt“, betonte Bürgermeister Matthias Kübel (CDU). Ihm zufolge bewegt sich der Grundsteuersatz seit 2020 im fünften Jahr in Folge „zwar auf hohem, aber stabilem Niveau“. Wie schon im zu Ende gehenden Jahr sinke die Nettoverschuldung. Je nach Entwicklung des Haushaltsjahres könnte ein auslaufender Kredit vorzeitig abgelöst werden. Trotzdem besteht kein Anlass zur Euphorie. „Die Haushaltslage ist äußerst angespannt“, gestand Kübel ein. Hierbei war der Blick vor allem auf den sprunghaften Anstieg der Personalkosten im Bereich des Gemeindehaushaltes und im Bereich der Touristik und Service GmbH gerichtet.

Grundsteuerstabilität kein Selbstläufer

Trotz des Abbaus von Schulden belastet der nach wie vor hohe Kreditstand den Haushalt durch hohe Zins- und Tilgungsraten. Vor diesem Hintergrund sei die Grundsteuerstabilität eine keinesfalls selbstverständliche Errungenschaft, sondern das Ergebnis „empfindlicher Streichungen und Priorisierungen“, sagte Kübel. Dies wiederum gehe deutlich zu Lasten der Geschwindigkeit wichtiger Vorhaben, die sich in der Warteschlange befänden. Beispiele waren Brückensanierungen, Gebäudeumbauten wie die energetische Sanierung des Rathauses oder Funktionsverbesserungen am Bauhof.

Infrastruktur und Lebensqualität

Die Maßnahmen, die „hohe und höchste Priorität“ haben, überschrieb der Verwaltungschef mit den Schlagworten „Infrastruktur und Lebensqualität“. Laut der im Januar zur Beratung anstehenden Vorschläge sollen das Freibad sowie ein weiterer Abschnitt der Kita St. Michael saniert, Straßen- und Gehwegreparaturen vorgenommen sowie eine weitere Etappe zur Umrüstung der Straßenbeleuchtung gestartet werden. Zu den weiteren verankerten Schwerpunktvorhaben gehören Investitionen in die Technik des Kulturkessels, die Toiletten des Grillplatzes und die Ausstattung des Kurparks.

Investitionen im Bereich Brandschutz und Sicherheit

Wichtig ist der Gemeinde außerdem die Sicherheit der Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr. So sind die Ersatzbeschaffung eines Mannschaftstransportfahrzeugs (MTF), die Überarbeitung der Notbeleuchtung des Feuerwehrhauses sowie die Ausstattung mit Feuerschutzkleidung geplant. Hohe Mittel benötigt die Sanierung von Kanälen und Schachtdeckeln im Bereich der Abwasserbeseitigung. Um die Trinkwassergüte zu erhöhen, soll in zusätzliche Filter- und Desinfektionsanlagen investiert werden.

Zu dem in Summe ausgeglichenen Haushaltsansatz tragen 1,2 Millionen Euro Einnahmen aus Gewerbesteuern sowie 960. 000 Euro aus Grundsteuern bei. „1,5 Millionen Euro werden aus Beiträgen und Gebühren erwartet, und kleinere Erträge aus Kostenerstattungen verbundener Unternehmen oder anderer Gemeinden sowie privatrechtlicher Leistungsentgelte füllen den Betrag auf“, so der Rathauschef.

 

Kurbeiträge für „beruflich veranlasste Übernachtungen“

„Wir rechnen zudem mit 300 .000 Euro an Erträgen aus der Kurtaxe“, ergänzte Kübel. Er zeigte sich erleichtert, dass vor der Einbringung des Etats die keineswegs unumstrittene Erhebung von Kurbeiträgen für „beruflich veranlasste Übernachtungen“ in Höhe von 1,25 Euro pro Buchung ab 1. Juli 2024 eine Mehrheit bekam. Ursprünglich hatte der betreffende Beitrag das Doppelte kosten sollen. „In vielen Gesprächen mit unseren örtlichen Tagungs- und Bildungsbetrieben ist mir eindringlich vor Augen geführt worden, welche Belastung dadurch entsteht. Wir sind jedoch von der Kommunalaufsicht gerade im Produktbereich Tourismus angehalten, alle sich bietenden Einnahmepotenziale auszuschöpfen“, so Matthias Kübel zu Sachzwängen.

„Könnte durchaus zum Bumerang werden“

„Die Einführung der Kurtaxe für berufsbedingte Übernachtungen könnte durchaus zum Bumerang werden. Sinkende Übernachtungszahlen durch Abwanderung oder gar Leerstand von Hotels und Pensionen kann drohen“, hatte indes Ute Passarge (FWL) in der lebhaften Debatte gewarnt und Gemeindevertreter aller Fraktionen vom Rednerpult aus gebeten, ihre Abstimmung zu überdenken und gegen die Einführung einer Kurtaxe für berufsbedingte Übernachtungen zu stimmen. „Es ist schade, dass die Ausweisung der Beitragspflicht gerade eine Institution trifft, die seit Jahrzehnten eine besondere Bedeutung für Bad Salzschlirf hat“, bedauerte unterdessen Michael Passarge (FWL), der wie Ute Passarge gegen die Beschlussvorlage stimmte.

Hotel „Haus der Standesbeamten“ und BDS melden sich zu Wort

Ganz unbegründet scheinen die Sorgen der beiden FWL-Mandatsträger nicht zu sein. So hatten sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten e.V. (BDS), Volker Weber, und der Geschäftsführer vom Hotel „Haus der Standesbeamten“, Gerhard Bangert, bereits Ende August dieses Jahres an Bürgermeister Kübel gewandt. Seinerzeit war die Einführung der Kurbeitragspflicht für beruflich veranlasste Übernachtungen noch für den 1. Januar 2024 geplant. Um den Betroffenen eine längere Übergangsfrist zu gewähren, hatten sich die zuständigen Gremien in Bad Salzschlirf auf eine Einführung ein Inkrafttreten der Satzung ab 1. Juli 2024 geeinigt.

Volker Weber und Gerhard Bangert hatten in ihrem Schreiben darauf hingewiesen, dass die geplante Maßnahme „gravierenden Einfluss auf die künftige Weiterentwicklung und den Erhalt des Standortes Bad Salzschlirf“ hat. So stünde man mit dem Angebot in direkter Konkurrenz zu den Verwaltungsschulen der Länder und anderen privaten Einrichtungen wie beispielsweise Verwaltungsakademien. Die Einführung des neuen Kurbeitrages verteuere Seminare und führe für den BDS und das Hotel „Haus der Standesbeamten“ zu Verteuerungen und somit Standortnachteilen.

Verschiebung der Kurtaxe auf 2025 abgelehnt

Yvonne Engel-Lochhaas (FWL) hielt eine Verschiebung des Zeitpunktes der Einführung der neuen Kurtaxe auf den 1. Januar 2025 für ein Signal, den Häusern entgegenzukommen, der diesbezüglich von Helga Reith (FWL) gestellte Antrag scheiterte jedoch bei der Abstimmung und fand lediglich fünf Befürworter. „Es wird nie den richtigen Zeitpunkt geben. Mir würde nichts einfallen, wo wir 120.000 Euro sonst herbekommen. Ich halte das für falsch“, hatte zuvor CDU-Fraktionschef Alexander Kluge erklärt. Und auch Dr. Kartz-Bogislav Baller (CDU) hatte in Höhe der beschlossenen Kurtaxe einen eher „minimalen Betrag“ gesehen. Eine Gemeinde, die klamm sei und wo das Geld vorne und hinten fehle, müsse zuallererst die Gesamtfinanzierung ihres Etats im Blick haben, hatte Baller dargelegt.

CDU-Fraktionschef Alexander Kluge: „Sind damit kein Ausreißer, sondern Nachzügler“

„Abgaben zu zahlen ist für niemanden schön. Ich halte 1,25 Euro für sozial-verträglich“, hatte Alexander Kluge in der Debatte ergänzt und betont, „dass wir mit diesem Beschluss kein Ausreißer, sondern eher Nachzügler sind“. Diese Äußerung zielte auf das Ergebnis einer vom Hessischen Heilbäderverband erhobenen Umfrage zur Einführung der Kurtaxe für berufsbedingte Übernachtungen. Von 20 Heilbädern, die sich an der Umfrage beteiligten, hatten zum Erhebungstag der Umfrage (30. August 2023) bereits vier Heilbäder die Möglichkeit zum Erheben einer solchen Kurtaxe umgesetzt, 13 planten die Umsetzung und drei verzichteten auf die Umsetzung.

Rathauschef Kübel: Überschüsse zum Ausgleich des Finanzhaushaltes benötigt

Zurück zum Haushalt 2024: Laut Bürgermeister übersteigen im Etat 2024 die Erträge die Aufwendungen um gut 530.000 Euro – Überschüsse, die benötigt würden, um Aufwendungen des Finanzhaushaltes auszugleichen. Hierfür sei zudem eine Kreditaufnahme von 547 .000 Euro nötig.

Konzeption zur Nachnutzung des Gebäudes der Aquasalis-Therme

Zwar ist der Neubau einer Therme, wie sie dieser Tage beispielsweise im hessischen Bad Nauheim eröffnet wurde, für Bad Salzschlirf vorerst in weite Ferne gerückt.

Doch mit dem Aussetzens des Bemühens um einen Thermen-Neubau ist eine Konzeption über die Nachnutzung des Gebäudes der seit Jahren geschlossenen Aquasalis-Therme erforderlich geworden. Bürgermeister Matthias Kübel hatte dafür im Juli dieses Jahres als Diskussionsgrundlage vorgeschlagen, die Nachnutzung durch ein medizinisches Kompetenzzentrum zu prüfen, das sich auf die örtliche Sole als Alleinstellungsmerkmal fokussiert.Dabei könnte dort neben der Schaffung ärztlicher Praxisräume zur Sicherung der medizinischen Versorgung vor Ort eine physiotherapeutische oder osteopathische Kompetenz mit entsprechenden Praxisräumen vorgesehen werden.

Zukünftige Sole-Anwendungen „im Sinne eines Kurmittelhauses“

„Im Sinne eines Kurmittelhauses sollten dort auch Anwendungen der Sole, insbesondere durch ein Solebecken (gegebenenfalls durch Nachnutzung des Klangdoms), aber auch Sole- oder Salzinhalation ermöglicht werden. Die Schaffung eines derartigen Angebotes für Kinder erscheint als Marktlücke, Schließlich könnte in dem Konzept ein gastronomisches Angebot ermöglicht werden“, trug Rathauschef Kübel jetzt in der 24. Sitzung der Gemeindevertretung vor. Letztere Die hatte darum gebeten, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die mit einem Fachmann aus den Bereichen Bäder- und Kurwesen im Rahmen eines Workshops Bedarfe Nutzungsmöglichkeiten und attraktive Angebote erarbeitet. Aufbauend auf den Arbeitsergebnissen soll eine Marktanalyse, sowie ein Betriebskonzept erstellt werden.

Bauphysikalische Analyse der Bestandsimmobilie

„Ich erachte es für grundlegend, vorab die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Angebotes zu prüfen. Es muss geklärt werden, welche Investitionen und Betriebskosten entstehen. Diese Angaben sind für die Investorensuche notwendig“, erläuterte Matthias Kübel. Er erachtete zudem eine bauphysikalische und architektonische Betrachtung der Bestandsimmobilie zur möglichen teilweisen Nachnutzung für zielführend. Hier könne beispielsweise festgestellt werden, ob einzelne Bestandteile wie der Klangdom sanierungsfähig beziehungsweise nutzbar seien. „Gleiches gilt für den Eingangsbereich.“ Gesichert nicht sanierungsfähig sei dagegen der Schwimmbeckenbereich.

Stellungnahme der Finanzabteilung

Für das Vorhaben können nach Angaben der Bad Salzschlirfer Verwaltung noch nicht verbrauchte Haushaltsmittel des Jahres 2023 für die Begleitung des Ausschreibungsverfahrens genutzt werden. Durch die Bezuschussung aus Bundesmitteln beläuft sich der Eigenanteil auf lediglich 10 Prozent der Kosten. „Es wird mit einem Aufwand zwischen 30.000 bis 50.000 Euro gerechnet“, gab Verwaltungschef Matthias Kübel bekannt.

Kommission soll sich auf ihrer 1. Sitzung umbenennen

Der nach kurzer und konstruktiver Debatte einstimmig gefasste Beschluss sieht vor, dass zur Begleitung einer Machbarkeit- und Marktanalyse zur Nachnutzung der Aquasalis-Therme die bereits eingerichtete Thermenkommission beauftragt wird, diese sich jedoch in ihrer ersten Sitzung auf einen neuen Namen verständigt. Zur Erstellung einer Angebotsentwicklung samt Machbarkeitsstudie und Marktanalyse soll das Büro con.pro GmbH aus Nürnberg beauftragt werden – hier ist unter anderem ein Workshop zur Bedarfs- und Angebotsentwicklung geplant. Zur Erstellung einer bauphysikalischen Zustandsbewertung und Entwicklung eine Nachnutzungskonzeptes wwerden laut des Beschlusses herrmann + kropp architekten(Fulda) beauftragt.

Dr. Kartz-Bogislav Baller: „Nicht ins Blaue planen“

„Wir sollten nicht ins Blaue planen und mögliche Interessenten, niedergelassene Ärzte und vielleicht sogar Kliniken, die einen ambulanten Bereich anbieten wollen, mit ins Boot holen“, hatte Dr. Kartz-Bogislav Baller (CDU) vorgeschlagen. „Und wir sollten die Frage stellen, ob vielleicht von außerhalb noch jemand nach Bad Salzschlirf will“, ergänzte er. „Der Workshop ist ganz wichtig, damit wir uns klar werden, was wir eigentlich wollen“, unterstrich CDU-Fraktionschef Alexander Kluge. „Es ist gut, wenn man die Sache weiter angeht“, unterstrich FWG-Fraktionschef Dr. David Post. Geklärt werden müsse neben der namentlichen Besetzung der Kommission deren genaue Zielsetzung sowie wer was genau machen soll. Die zu erreichenden Ziele müsse das Gemeindeparlament eruieren und an die betreffende Kommission weitergeben.

BAD SALZSCHLIRFER ETAT 2024

ERGEBNISHAUSHALT
Erträge: 8,98 Mio.(Vergleich Vorjahr: 9,13 Mio.)

Aufwendungen: 8,44 Mio.(8,56 Mio.)

Überschuss: 530. 742 (562. 194)

FINANZHAUSHALT

Einzahlungen: 8,83 Mio. (8,84 Mio.)

Auszahlungen: 8,14 Mio. (8,10 Mio.)

Fehlbedarf: + 689 .866 (+744. 950)

INVESTITONEN

3,07 Mio.(3,20 Mio.)

SCHULDEN

11,34 Mio. (12,2 Mio.)

ERTRÄGE

Einkommensteuer: 1,53 Mio. (1,43 Mio.)

Gewerbesteuer: 1,2 Mio. (1,2 Mio.)

Schlüsselzuweisung: 1,99 Mio. (1,97 Mio.)

AUFWENDUNGEN

Personalkosten: 1,72 Mio. (1,54 Mio.)

Kreisumlage: 1,53 Mio.(1,53 Mio.)

Schulumlage: 875 935 (876 038)

GRÖSSTE PROJEKTE 2024

Sanierung Freibad: 1. Bauabschnitt 1 Mio.

Filter- und Desinfektionsanlagen Trinkwasserversorgung: 250 000

Energetische Sanierung Kita St. Michael: 1. Abschnitt Dach 200 000

Alle Angaben in Euro; In Klammern: Vorjahr Quelle: Gemeinde