Neuhof | Thomas Schneider aus Giesel folgt als Pressesprecher des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld auf Lena Quandt

Im Einklang mit der Umwelt

Er ist von Haus aus Diplom-Sozialpädagoge, war lange Jahre im therapeutischen Bereich selbstständig, ist aber bei alledem der Landwirtschaft stets verbunden geblieben und  als Nebenwerbs-Landwirt mit zertifiziertem Biobetrieb überzeugter Selbstversorger: Für das umtriebige Multitalent Thomas Schneider (40) begann jetzt ein weiteres berufliches Kapitel.

Von Mirko Luis

Der mit einer Politologin verheiratete Vater einer drei- und fünfjährigen Tochter verstärkt seit 1.Oktober den Bereich Öffentlichkeitsarbeit des Kreisbauernverbandes (KBV) Fulda-Hünfeld. Dessen Geschäftsführer Sebastian Schramm ist froh, dass die monatelang vakante Pressesprecher-Stelle nach Ausscheiden der Journalistin Lena Quandt mit hoher fachlicher Expertise neu besetzt werden konnte. Landwirtschaft nahbar zu machen, eine Bindung zu den Menschen aufzubauen und mit themenbezogenen Aktionstagen, Infoveranstaltungen und Kampagnen Transparenz in Richtung der Verbraucher herzustellen und diese über die Arbeit der Mitgliedsbetriebe aufzuklären, sei nach wie vor ein zentrales Anliegen des Verbandes, erklärte Schramm in einem Gespräch mit unserer Zeitung. So soll im kommenden Jahr unter anderem die vom Bundesverband kostenloser Wochenzeitungen mit dem „Durchblick“-Preis ausgezeichnete Marktkorb-Serie „REGIOFARM“ crossmedial fortgesetzt werden.

Regionale Verwurzelung und gesellschaftliches Engagement

Seine regionale Verwurzelung sei für ihn ein entscheidender Punkt gewesen, sich für die Stelle zu bewerben, verriet der in Giesel aufgewachsene Kommunikationsprofi in seinem ersten Interview in der Rolle als Pressesprecher des KBV Fulda-Hünfeld. Schneider wuchs in Giesel auf, besuchte in Fulda die Winfriedschule, spezialisierte sich nach seinem Diplom in Fulda auf „tiergestützte Pädagogik“, nahm verschiedene Lehraufträge im Bereich der Sozialwissenschaften und Gesundheitsberufe in der Region wahr und setzte darüber in seiner Heimatgemeinde als Ortsbeirat und für die CDU-Fraktion im Gemeinderat Neuhof kommunalpolitische Akzente. Schneider coachte außerdem jahrelang Führungskräfte aus ganz Deutschland. Die holte er in Giesels letzte Dorfschmiede, in der sein Großvater – seines Zeichens Schmied und Landwirt – seinerzeit noch Pferde beschlug. Das heute „tausendfach kopierte“ Teambuilding-Konzept „Teamschmiede“ habe unter anderem zum Ziel gehabt, an einem traditionellen Ort des Handwerks eine Skulptur zu schmieden, die bedeutsame Unternehmenswerte  symbolisiert. „Der Erfolg“, so Schneider rückblickend, „war bombastisch, sodass heute repräsentative Skulpturen in börsennotierten Unternehmen von der Nordsee bis an den Bodensee stehen.“

 

Verlassen der Komfortzone

Schneider therapierte als Klienten unter anderem zahlreiche Kinder mit Entwicklungsverzögerungen, Verhaltensauffälligkeiten und geistigen Behinderungen. In Verbindung mit Tieren sei das eine extrem fordernde Tätigkeit gewesen. „Sich weiter zu entwickeln heißt auch, ein Stück weit die eigenen Komfortzonen zu verlassen“, fügt er hinzu. In diesem Zusammenhang erwähnt er, dass es für ihn Herzensangelegenheit gewesen sei, über zehn Jahre lang Hausband des Fuldaer Antoniusheims zu leiten.

Leidenschaft für Natur und Tiere

Eine Stärke, die ihn als Therapeut auszeichnete, sei das Zuhören gewesen. Letzteres sei ein wichtiger Schlüssel für eine Kommunikation auf Augenhöhe, von der beide Seiten profitieren. Die moderne Gesellschaft neige heutzutage viel zu sehr dazu, zu interpretieren, moralisieren oder gar zu dirigieren, beobachtet Schneider, dessen Frau Daniela  – wie er Jahrgang 1983 – seine Leidenschaft für die Natur und Tiere teilt und für einen großen Versicherungskonzern im Projektmanagement für nachhaltige Entwicklung tätig ist. „Wir ergänzen, bereichern und inspirieren uns“, reflektiert Schneider.

Schaffung von Bewusstsein für Erzeugung von Lebensmitteln

Thomas und Daniela Schneider leben ihren beiden Töchtern, Theresia (3) und Friederika (5), vor, was es heißt, Verantwortung für Lebensmittel zu übernehmen. „Ich hatte ja das Glück, nicht nur mit vielen alten Schmiedetechniken, sondern Tieren aufgewachsen zu sein“, blickt der bodenständige Landwirt im Nebenerwerb dankbar auf die eigene Kindheit zurück.  Einige Tiere auf seinem Hof stehen auf der Roten Liste der gefährdeter Haustierrassen (GEH) und gefährdete Nutztierrassen , von seltenen Hühnern über das Rote Höhenvieh bis hin zum Ostfriesischen Milchschaf oder Westfälischen Kaltblut. Ob ein Schwein glücklich ist, verrät bekanntlich deren Grunzen. Letzteres ist von Bob und Camilla, den zwei Schweinen, mehrfach zu vernehmen. Sie sind mit ihren rund anderthalb Jahren schon ein Jahr älter als die meisten ihrer Artgenossen. Diese werden in der Regel wegen ihres Fleisches bereits mit sechs Monaten geschlachtet. Klar ist aber auch: Das maximal mögliche Alter von 20 Jahren werden auch Bob und Camilla nicht erreichen, denn auch die Schneiders – wenngleich viel bewusster als die meisten Zeitgenossen – essen, nein „genießen“ Fleisch. Zumal Schneider, wie er sagt, ein begeisterter Hobby-Koch ist- Wichtig sei, den Kindern nicht vorzugaukeln, dass die Tiere hier geboren werden und dann eines Tages den Hof fröhlich verlassen. Stattdessen bestehe hier die Chance, aufzuklären, dass da mit den Tieren in der Wertschöpfung etwas passiere, zur Verantwortung der hiervon Partizipierenden ein möglichst kurzer Weg zum Schlachthof und zum Metzger gehöre und Vergänglichkeit fester Bestandteil eines jeden Lebens sei. Indem Kindern vermittelt würde, wie viel Arbeit in der Fleischerzeugung stecke, werde das, was gegessen wird,  ganz anders verzehrt.

„Wunderbarer Lernort für alle Sinne“

Schneider sieht seinen kleinen Hof und die vollständige Eigenversorgung mit selbst erzeugten Lebensmitteln – von Gemüse angefangen über Wurst und Fleisch bis hin zum  Kräutersalz – als „wunderbaren Lernort für alle Sinne“. Schneider wird konkreter: „Wir  haben Gerüche, wir haben die Haptik, wir haben Leben und Tod so eng beieinander wie nirgendwo und wir haben sogar die Mathematik und Physik. Selbst wenn der Heuballen von oben im Stall herunterfalle, könne man berechnen, mit welchem Pressdruck das geschehe. „Jedes Korn und  jeder Heuballen ist –  ohne Zukauf – selbst erzeugt. Unser Getreide vermahlen wir zu eigenem Mehl. Dabei experimentieren auch gerne mit alten Sorten. Es ist ganz spannend zu sehen, wie diese mit Klimastress und Trockenheit umgehen“, gibt Schneider Einblick in seine Mission, agro-ökologische Systeme noch besser zu verstehen, insbesondere die Auswirkungen der Klimakrise.

Technisches Schmankerl in der Maschinenhalle

Beim Weg zur Maschinenhalle erzählt er, dass die Größe des von ihm bewirtschafteten Ackerlandes und Grünlandes sowie des Stückchen Waldes und der Streuobstwiesen noch überschaubar und im Nebenerwerb gut zu handeln sind. „Ideal, um unsere Familie nachhaltig zu versorgen. Und mit guter Organisation und entsprechendem Einsatz funktioniert es“, versichert er. Ganzer Stolz des technikaffinen Nebenwerbslandwirtes ist ein Scheunenfund, der ihm nach eigenen Angaben vor 15 Jahren in die Hände gefallen ist. Es handelt sich hierbei um einen „Claas Columbus“, Baujahr 1967. Der von einem VW Käfer-Motor angetriebene Schüttlermähdrescher „funktioniert noch fantastisch und ist das Highlight, wenn ich im Sommer unterwegs bin“, schwärmt die neue Stimme von Osthessens Landwirten. Sie wird – mit dem Engagement und der Leidenschaft ihres Besitzers – gewiss für eine frische Brise in der Öffentlichkeitsarbeit des KBV Fulda-Hünfeld sorgen.