Nüsttal | Marion Frohnapfel war mit der Bewertungskommission „Unser Dorf hat Zukunft“ durch Deutschland gereist

Unterwegs, um das Wir-Gefühl zu suchen

Sie hat 22 Dörfer in ganz Deutschland besucht, und das innerhalb von drei Wochen. Wobei das nicht einfach nur Besuche waren. Denn als Mitglied der Bewertungskommission des Bundeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“musste Marion Frohnapfel ein bisschen genauer hinschauen.

Von Sabine Burkardt

Bei dem Wettbewerb geht es vor allem darum, dass sich Dörfer um die eigene Zukunft Gedanken machen und wie diese mit kreativen Ideen und Eigeninitiative gelingen kann. Wer das hinbekommt und es dann sogar bis ins Bundesfinale schafft, darf sich freuen, denn die besten Ideen werden mit einem warmen Geldregen prämiert. Zuvor muss sich das Dorf allerdings den kritischen Augen der Bundesbewertungskommission stellen. Und in diesem Jahr stand die Kommission unter dem Vorsitz von Nüsttals Bürgermeisterin Marion Frohnapfel. An ihrer Seite noch ein Vorsitzender, ein waschechter Oberbayer in Lederhosen. „Der war manches mal kaum zu verstehen. Aber wir hatten viel Spaß zusammen“, erzählt die Bürgermeisterin, die mit vielen Eindrücken und neuen Ideen im Koffer wieder wohlbehalten im Nüsttal angekommen ist. Wie kommt man an so eine zeitaufwändige Aufgabe? Sie sei vom Bundesministerium angesprochen worden. Denn dort ist sie keine Unbekannte, nachdem sie dort das Projekt „gemeinsam aktiv“, welches das Ministerium zum Leuchtturmprojekt auserkoren hat und fördert, vorgestellt hatte.
Im Juni hieß es also Koffer packen und ab nach Berlin, wo die Jury zwei Tage lang für ihre Aufgaben geschult wurden. Die Tour begann in Fredersdorf in Brandenburg und führte dann einmal gegen den Uhrzeigersinn durch Deutschland.
Anstrengend sei es gewesen, vor allem die Busfahrten, die teilweise vier bis fünf Stunden am Stück dauerten. Drei Stunden dauerte jeweils der Aufenthalt in den Dörfern, ein straffes Zeitfenster. Danach ging es sofort wieder in den Bus weiter zum nächsten Dorf. Doch Ausruhen war nicht angesagt während der Busfahrt. Denn sofort mussten die Jurymitglieder ihre Meinungen und Bewertungsvorschläge ausarbeiten, nach einer Dreiviertelstunde traf man sich im Konferenzbereich des Busses, um gemeinsam zum endgültigen Bewertungsurteil zu kommen. „Es ging nicht eher aus dem Bus wieder raus, bevor das Bewertungsurteil über das Dorf zu Papier gebracht war“, berichtet Frohnapfel.
Bewertet wurden dabei Entwicklungskonzepte und Ziele zur Verbesserung der Infrastruktur, soziales Engagement sowie wertschätzender und sensibler Umgang mit Baukultur, Natur und Umwelt. Vieles ist Marion Frohnapfel und ihrem Team dabei begegnet, was sie hat staunen lassen. Gleich in der ersten Station der Tour, in Fredersdorf, gab es ein Projekt zu sehen, das später sogar eine Sonderpreis bekommen hat. „Die haben in diesem 365-Seelendorf einen unglaublichen Einsatz für ihr Freibad mit einer Liegefläche als öffentlichen Spielplatz gezeigt. Dort konnte man wirklich das „Wir-Gefühl“ spüren, das nötig ist, um auch in den kommenden Jahren alle Herausforderungen des Dorflebens zu meistern“, erklärt Frohnapfel. Beeindruckt war die Jury auch vom „Geschichtshäuschen“ in Lütgeneder, einem Dorf in Nordrhein-Westfalen. Die Dorfjugend und die ältere Generation haben dort aus dem ehemaligen Bushäuschen einen Treffpunkt gemacht, an dem mit Bildern, Texten und mit Hilfe von QR-Codes die Historie des Dorfes lebendig gehalten wird. „Da ist ein Austausch der Generationen entstanden, ein Pluspunkt für das soziale Miteinander“, erklärt die Bürgermeisterin.
Und was nimmt die Bürgermeisterin an Ideen und Erfahrungen mit in ihre eigene Gemeinde? „Mir ist in allen Dörfern aufgefallen, dass sie einen Plan für die Zukunft hatten. Manches Projekt war noch nicht angefangen, aber schon geplant. Die Zeit bleibt ja nicht stehen, man muss sich heute Gedanken darüber machen, wie das Dorfleben in zehn oder 20Jahren aussieht. Dabei muss man strukturiert vorgehen. Und vor allem muss man die Herausforderungen gemeinschaftlich angehen. Vor allem bei den Siegerdörfern des Wettbewerbs war die intakte Dorfgemeinschaft der Grund, warum wir als Jury fanden, dass dort das Dorfleben eine Zukunft hat. Und das wäre mir für meine Gemeinde auch wichtig“.
Der Bundeswettbewerb findet alle drei Jahre statt. Was macht Marion Frohnapfel, wenn das Bundesministerium wieder bei ihr anklopft? „Es war mir eine Ehre, mitmachen zu dürfen. Ich würde es wieder tun, wenn ich gefragt werde“, sagt sie.