Hünfeld | Gebäudekomplex der Kirchengemeinde soll verkauft werden

Zimmer frei in der St.-Ulrich-Kirche

Es ist viel gemunkelt worden in den vergangenen Wochen. „Die Ulrich-Kirche wird verkauft“, hieß es beim Straßenplausch hinter vorgehaltener Hand. Was ist dran an diesem Gerücht? Ein Infoabend von Bistum, Kirchengemeinde und Stadt Hünfeld am Ort des Geschehens brachte nun Licht ins Dunkel.

Von Sabine Burkardt

Vermutlich saßen an diesem Infoabend mehr Menschen in den Kirchenbänken der Ulrich-Kirche, als an allen vergangenen Sonntagen zusammen. Das Interesse war groß zu wissen, was mit dem Gotteshaus und dem kompletten Gebäudekomplex passieren wird. Denn das etwas passieren muss, ist der Kirchengemeinde schon seit geraumer Zeit klar gewesen. Nur durchschnittlich rund 50 Gottesdienstbesucher wurden in den vergangenen Monaten in dem über 700 Quadratmetern großen Kirchenraum gezählt. „Viele Menschen machen sich nicht mehr auf den Weg in die Kirche, weil sie sich den Gottesdienst im Fernsehen anschauen“, vermutet Dr. Michael Müller unter anderem als Grund für den Rückgang der Gottesdienstbesucher.
Als im vergangenen Winter die Kirchen-Heizung im großen Kirchenraum defekt war und die Gottesdienste in der viel kleineren noch beheizbaren Krypta im Untergeschoss stattfanden, hatte das den Kirchgängern gut gefallen, erinnert sich Müller. „Warum bleiben wir nicht in der Krypta, da ist es viel schöner. Oben sitzt man so verstreut“, bekam der Hünfelder Pfarrer zu hören.
Fakt ist, und das wurde an diesem Abend mehrfach betont: Weder die Kirchengemeinde, noch die Stadt Hünfeld werden weiterhin in das Kirchengebäude investieren. Zudem setzt sich das Bistum Fulda in seiner Strategie 2030 das Ziel, bezuschusste Gebäudeflächen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, erklärte Johanna Wenzel, Dezernentin für Kaufmännisches Immobilienmanagement im Bistum Fulda. Die Umnutzung von Kirchengebäuden sei derzeit ein Riesenthema.
Innerhalb des Förderprogramms „sozialer Zusammenhalt“ hatte schließlich die Stadt Hünfeld auf Bitten der Kirchengemeinde hin eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. „Es geht nicht nur um die Weiterentwicklung der Kirchengemeinde, sondern auch um die des Quartiers“, betonte Karin Grosch in Vertretung des Hünfelder Bürgermeisters.
Die beauftragten Architekten des Büros „ZWO16 Architekten + Ingenieure Reum Heumüller“ aus Geisa hatten nun innerhalb dieser Projektstudie drei verschiedene Projektvarianten ausgearbeitet. Zwei Projekte wurden dabei von den Kirchortteams, dem Bistum Fulda, dem Pfarreirat, dem Verwaltungsrat und der Stadt Hünfeld wieder ad Akta gelegt:Eine Eventlocation und ein Indoorspielplatz für Kinder.
Übriggeblieben ist Projekt Nummer drei, ein Wohnkonzept, das rund 30 Wohneinheiten für Auszubildende mit Gemeinschaftsflächen auf zwei Geschossebenen vorsieht. Erreichbar wären die rund 17 Quadratmeter großen Wohnungen durch einen Laubengang. Im Erdgeschoss könnten dann anstatt Kirchenbänken eine Mensa, ein Waschsalon für die Bewohner, zwei Workshop-Räume, Toilettenanlagen sowie ein Empfang und die Verwaltung ihren Platz finden, erläuterte Dennis Reum vom Architekturbüro. Reum wies auch darauf hin, dass es noch Klärungsbedarf bezüglich des Denkmalschutzes und Tageslicht für die Wohnungen gebe.
Die Krypta bleibt in ihrer Funktion erhalten. „Kirchliches Leben kann hier weiterhin stattfinden. Die Kirchengemeinde bleibt präsent. Nur eben auf eine andere Weise“, erklärte Pfarrer Dr. Müller. Die Reaktion auf die zukünftige Nutzung des Gebäudekomplexes war bei den Zuhörenden der Infoveranstaltung teils positiv, teilweise gab es aber auch Bedenken. „Wo sollen denn die ganzen Lehrlinge herkommen? Ist dafür überhaupt Bedarf da?“ war eine Frage aus den Reihen der Kirchenbänke. Ein Zuhörer meldete gleich darauf schon einen Bedarf an Azubiwohnungen an, Pfarrer Müller wies auf die Erweiterung des Rechenzentrums HZD, die Bundespolizei und viele Unternehmen im Umfeld von Hünfeld und Thüringen hin, die Auszubildende unterbringen müssten.
Und könnte ein künftiger Investor auch Geflüchtete in den Wohnungen unterbringen? „Das kann der Investor tun. Das würde auch zum sozialen Charakter der Kirche passen“, so Müller. Allerdings sollen dem Investor mit Ausschlussklauseln im Kaufvertrag Grenzen gesetzt werden, was die Nutzung des Gebäudes betrifft. „Das Viertel soll natürlich aufgewertet und die Anwohner keinesfalls unnötig belastet werden“, sagte Müller.
Die Kirchengemeinde sucht nun einen Investor für das Projekt. Pfarrer Müller ist dabei zuversichtlich, dass dies auch gelingt. Das Projekt werde ja sozusagen auf dem Silbertablett serviert. Die Machbarkeitsstudie sei bereits erledigt und das Kirchengebäude, das von 1961 bis 1963 gebaut wurde, sei noch einem guten Zustand. Falls es dann zu einer Umnutzung des Kirchengebäudes kommt, wird dieses zuvor in einem Gottesdienst profaniert.
„Das ist jetzt zunächst nur eine Idee. Entschieden ist noch gar nichts“, so Müller. Weitere Treffen und Infoveranstaltungen zur weiteren Vorgehensweise sind in der nächsten Zeit geplant.