Schlitz | Entscheidung zur Nutzung von Gebäude “J” auf dem “Hahnekiez” ist gefallen

Schlitzer Destillerie bleibt Mieter – kein Indoor-Spielplatz

Die Entscheidung zur Nutzung von Gebäude “J” auf dem “Hahnekiez” ist gefallen. Bei der von Gerald Gottwald (CDU) beantragten namentlichen Abstimmung votierten 24 Stadtverordnete von CDU, BLS und SPD für die weitere Vermietung des Gebäudes an die Destillerie, vier Gegenstimmen kamen aus dem Lager der FDP und BLS, zwei Enthaltungen von BLS und SPD.

Von Mirko Luis

Mit Blick auf die Lagerkapazitäten hatte Bürgermeister Heiko Siemon (CDU) die enorme Bedeutung des Gebäudes für die Destillerie hervorgehoben. Aktuellen Plänen zufolge ist ein effizientes Hochregallager geplant, wobei die Destillerie mit 600 Stellplätzen rechnet. Es soll eine Ausstellung von Whiskeyfässern, die illuminiert werden, sowie einen Laden geben. Ferner geplant ist eine PV-Anlage auf dem Dach, die die benachbarte Kulturhalle versorgen soll. Ein “Warehouse-Tasting” mit Whiskey, das es hierzulande nur ein- oder zweimal gebe, könne den Tourismus beleben. Und für den tut Europas älteste Destillerie jede Menge. So zählt das Unternehmen jährlich bei Führungen etwa 10.000 Besucher. Für den Stadtverordneten Daniel Scheibner (CDU) ist klar: Die Destillerie ist ein Frequenzbringer.

Laurinat: „Ein Lager ist kein Bürger“

Jürgen Laurinat, FDP-Fraktionschef im Parlament und FDP-Landratskandidat im Vogelsbergkreis, sah das ganz anders. Im Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept (ISEK) habe gestanden, dass das ehemalige Brauereigelände den Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten seien soll. “Ein Lager ist kein Bürger”, griff Laurinat die geplante Entscheidung offen an. Er sehe das Vorhaben nicht als Frequenzbringer und Tourismusmagnet. Zudem erscheine seiner Fraktion das Destillerie-Lager im Gebäude “J” wie eine Zwischenlösung. Die FDP stellte einen Änderungsantrag und schlug vor, das Gebäude zu einem Indoor-Spielplatz umzubauen, der ein echter Anziehungspunkt für viele Familien sein könnte. Während sich Eltern ausgelassen im Biergarten unterhalten und feiern könnten, stünde dem Kindervergnügen beim Klettern und Rutschen nichts im Wege. Unterdessen könne für das Lager der Destillerie Ersatz gesucht werden, so Laurinat.

Dr. Koch: „Wegen Fässern kommt kein zusätzlicher Gast“

Vehement gegen eine Nutzung als Lager sprach sich Dr. Klaus-Dieter Koch von der Bunten Liste Schlitzerland (BLS) aus: “Wegen Fässern kommt kein zusätzlicher Besucher nach Schlitz”, sagte er. Zudem sprach er sich dagegen aus, ein Produkt zu bewerben,das für viele Menschen “sehr gefährlich” sei. “Wir stellen da Gift aus, Alkohol ist ein Zellgift”, unterstrich Dr. Koch. “Da steht etwas zur Abstimmung, was das Gegenteil von dem ist, was wir für vernünftig gehalten haben”, schaltete sich schließlich noch Prof.Dr. Konrad Hillebrand (SPD) in die Debatte ein. So sei Kernziel der millionenschweren Investition ein lebendiges Zentrum der Burgenstadt mit Gastronomie, Hotels und Museen gewesen, “von einem Lager für die Destillerie war keine Rede”. Hillebrand nahm dabei abermals den Saal der Kulturhalle ins Visier und sprach von einem sündhaft teuren Veranstaltungsraum. Die Zustimmung für das Konzept der Destillerie, die er für seine Fraktion ankündigte, erfolge nicht aus vollem Herzen. Das sei einer eine Zustimmung “aus Resignation und Frustration, weil sich ja sonst nichts tut”. Man wolle “wenigstens jetzt eine graduelle Verbesserung des Status quo”.

Viele Projekt-Ideen haben sich zerschlagen

Im Zusammenhang mit möglichen anderen Nutzungsvarianten hatten es diverse Vorschläge gegeben, die sich jedoch allesamt zerschlagen hatten. Die Bandbreite reichte von einer Schau-Molkerei bist hin zu einer Oldtimerausstellung. In diesem Zusammenhang informierte Heiko Siemon das Stadtparlament, dass Sebastian Wendt den Konzeptvorschlag für ein Oldtimermuseum per Mail zurückgezogen habe. Schlussendlich wurde über den FDP-Antrag abgestimmt- den lediglich vier Ja-Stimmen stand eine breite Front von 26 Gegenstimmen gegenüber.

Richtungsweisende Entscheidung: 2 Millionen Euro für Nebenanlagen der Ortsdurchfahrt

Eine weitere richtungsweisende Entscheidung trafen die Stadtverordneten für die Verbesserung der Infrastruktur. Sie sagten mit großer Mehrheit und bei lediglich drei Nein-Stimmen die Finanzierung der Nebenanlagen im Zuge der Sanierung und Erneuerung der Ortsdurchfahrt durch Hessen Mobil zu. Nach Angaben von Gerald Gottwald (CDU), Vorsitzender des Haupt-, Finanz-, Wirtschafts- und Arbeitsausschusses (HFWA), liegt die Kostenträgerschaft für die Fahrbahnsanierung bei Hessen Mobil, hier seien 3 Millionen Euro veranschlagt. Die Nebenanlagen schlügen dagegen mit 3,5 Millionen Euro zubuche. Nach Abzug der Zuschüsse verbliebe bei der Stadt eine Haushaltsbelastung von rund zwei Millionen Euro.In dem Zusammenhang bekräftigte Bürgermeister Heiko Siemon (CDU), dass der Magistrat nach wie vor nicht beabsichtige, eine Straßenausbaubeitragssitzung vorzulegen. Anwohner und Gewerbetreibende würden vor Beginn der Maßnahmen bei Versammlungen umfänglich über Details, was auf sie zukommt, informiert.