Gersfeld | Suche nach Alternative zu der seit 2019 unbesetzten Stelle der Tourismusleitung

Gersfeld prüft Gründung einer Tourismus- und Service GmbH

Der Urlaubsgast der Gegenwart und Zukunft sucht aus Sicht des Gersfeld Bürgermeisters Dr. Steffen Korell (CDU) „gute Häuser, gute Restaurants, Qualität, Regionalität und gute Attraktionen“. Deshalb müsse der Fokus bei der Vermarktung stärker darauf gelegt werden, „welche konkreten Produkte für Urlauber und Tagesgäste wir hier vor Ort haben, was den „Markenkern“ Gersfelds ausmacht“, sagte er vor dem Hintergrund eines vom Stadtparlament abgesegneten Prüfantrages vom „Bündnis für Gersfeld (BfG).

Von Mirko Luis

Der Magistrat, so die Intention des mehrheitlich beschlossenen Antrages, soll prüfen, inwiefern die Gründung einer städtischen Tourismus- und Service GmbH (TuS) eine Alternative zur Stelle der seit 2019 unbesetzten Stelle der Tourismusleitung darstellt. Einem Bericht der Fuldaer Zeitung vom Montag dieser Woche zufolge wäre es einem Teil der SPD-Fraktion lieber, das Aufgabengebiet in städtischer Hand zu lasse, weshalb die Fraktion im Zuge des 2023-er Haushaltes eine Neubesetzung der Tourismusleiter-Stelle beantragt habe. Dieser Antrag war seinerzeit allerdings abgelehnt worden. Unterdessen befürwortete die CDU laut des FZ-Berichts den Antrag. Letzterer zitierte den CDU-Stadtratsmitglied Jürgen Melchers mit den Worten: „So wie es jetzt ist, wollen wir es nicht belassen.“ Dem Vernehmen nach erhofft sich Melchers hierdurch das Zustandekommen eines Dialoges mit den Leistungserbringern.

 

Für den Lenker und Denker im Rathaus, Steffen Korell, „hat es zwar Charme, die touristischen Angelegenheiten außerhalb politischer Prozesse und Verwaltungszwängen zu organisieren, etwa nicht jeden Flyer durch diverse politische, mit ehrenamtlicher besetzte, Gremien beschließen lassen zu müssen“, wie er gegenüber dem Marktkorb-Reporter Anfang dieser Woche im Rückblick auf die jüngste Sitzung erklärte. Wie schon gegenüber der FZ betonte er aber, dass es – unabhängig ob Tourismusleiter-Stelle oder TuS – der Erfolg entscheidend davon abhängen wird, eine fähige, loyale und leistungsbereite Person an der Spitze, einen Macher mit Weitblick, zu finden. Korell beschrieb einen solchen als „charismatische Persönlichkeit – „jemand, der kreativ ist, motivieren, nach innen wie nach außen netzwerken und eine gute Stimmung erzeugen kann“. Außerdem sei die rechtliche Ausgestaltung, die Steuerung und die Finanzierung einer solchen Gesellschaft sehr komplex. Sowohl die Stadt, als auch die Tourismuswirtschaft müsse sich an einer solchen beteiligen. Der Rathauschef zeigt sich hinsichtlich der Tourismusförderung in Gersfeld besorgt und skeptisch, das eine TuS viele der grundsätzliche Probleme lösen können wird.

Stadt hat viele Großprojekte vor der Brust

Ungeachtet dessen habe Gersfeld weiterhin viele Großprojekte vor der Brust, sei es beim Aufbau einer effizienten Wasserversorgung, der Schaffung weiterer Kinderbetreuungskapazitäten, Investitionen in die Feuerwehr, der geplante Neubau einer Kläranlage, die Ausweisung von Bauland und Gewerbeflächen, die gemeinsam mit der Gemeinde Ebersburg angestoßenen Verwaltungskooperation, sowie der Digitalisierung vieler Prozesse in der Verwaltung. Der promovierte Jurist, der seit 2014 die Strippen im Gersfelder Rathaus zieht, lobt in dem Zusammenhang die grundsätzliche gute und Konstruktive Stimmung in den politischen Gremien und den unternehmerischen Geist in weiten Teilen seines Teams in der Verwaltung, etwa in der Bauverwaltung.

Neugestaltung des Wildparks zu einem „Biosphärenpark“

Ein weiteres Großprojekt ist die Neugestaltung des 1972 errichteten Wildparkes, der zu einem „Biosphärenpark“ entwickelt werden soll, mit neuen Gebäuden, etwa einem Bauernhof, einer hochwertigen Gastronomie, einem „grünes Klassenzimmer“ und Übernachtungsmöglichkeiten. Ferner geplant sei die Neugestaltung des Eingangsbereiches und ein Neubau des Wirtschaftshofes als „Ressourcen-Zentrum“ der auch nieder bis hochschwellige Umweltbildungsangebote beinhalten soll. Die Teichanlagen müssen aus wasserrechtlichen Gründen aufgegeben werden, an ihrer Stelle soll die Fauna und Flora eines Rhöner Mittelgebirgsbach gezeigt und erklärt werden und eine Auen-Landschaft mit Bildungs- und erlebnisangeboten entstehen und der Parkplatz sowie die Verkehrsführung müssen an die gestiegenen Besucherzahlen angepasst werden.

Rathauschef Dr. Korell: „Leider haben wir im Rathaus keine Truhe mit Gold stehen“

„Leider haben wir bei uns im Rathaus keine Truhe mit Gold stehen, sodass wir nicht direkt investieren können“, weist Korell auf die überschaubare Einnahmesituation der Stadt hin. Diese Botschaft übermittelte er neben diversen Landesvertretern auch Regierungspräsident Mark Weinmeister (CDU) im vergangenen Jahr bei einem Rundgang. Vor dem Hintergrund, dass Weinmeister nicht selbst über etwaige Fördergelder entscheiden kann, sicherte dieser zumindest zu, das Hessische Umweltministerium „sanft“ auf das Vorhaben hinzuweisen. Vor allem die Pläne, die mit Umweltbildung zu tun haben und denen pädagogische Intentionen zugrunde liegen, hielt Weinmeister für unterstützungswürdig. Auch der Landkreis Fulda, allen voran Landrat Bernd Woide (CDU), stellte sich ebenso hinter das Projekt wie Landtagsabgeordnete der Region. „Für die weiteren Planungsleistungen läuft ein Förderantrag“, so Korell zum Sachstand. Klar sei, dass die Umsetzung der Masterplanung ein Prozess über Jahre sein wird. Bei vollständiger Umsetzung hält Korell sogar eine Verdoppelung der Besucherzahlen auf über 200.000 Gäste jährlich für realistisch. „Wobei man ab einer bestimmten Größenordnung auch an andere Betriebsführungsmodelle denken muss“, sagt Korell mit Blick auf Tourismusmagneten wie den Naturpark Knüll oder den Tierpark Sababurg, der beispielsweise Teil des Eigenbetriebes des Landkreises Kassel ist.

Förder-Bürokratie wirft Stadt um ein Jahr bei den Planungen zurück

Fachlich begleitet wird das Projekt von Fachleuten der Tiergartengestaltung Wiesenthal (Südniedersachsen) sowie den bmp Architekten in Göttingen. Das Hauptaugenmerk gilt zunächst Investitionen in den „Wirtschaftshof“. Der soll, weil dort auch Umweltbildung stattfindet, in „Ressourcen-Zentrum“ umbenannt werden. „Aufgrund von Förder-Bürokratie sind wir jetzt leider um ein weiteres Jahr zurückgeworfen worden“, bedauert Rathauschef Korell. Grund hierfür: Um EU-Fördermittel aus dem LEADER-Programm zur Unterstützung ländlicher Regionen zu bekommen, ist eine Baugenehmigung Voraussetzung. Wie vom Bürgermeister angedacht den Bauantrag zu erarbeiten und parallel die LEADER-Förderung zu beantragen, geben die Paragraphen nicht her. Korell rechnet nunmehr frühestens 2024 mit der Baugenehmigung und damit mit der Gewährung von LEADER-Fördermitteln, sodass wohl leider nicht vor 2025 gebaut werden kann. „Ich wünsche mir, dass das Land Hessen sein einziges Biosphärenreservat stärker beachtet und fördert und auch Projekte wie unseres direkt und prominent unterstützt. Die Bayern machen vor, dass dies möglich ist,“ betont Korell.