Fulda | Prof. Dr. Ludwig Spätling, Julia Spätling und Carlo Barretta über die Familienschule Fulda

Eltern sein will gelernt sein

Eine gezielte Geburts- und Familienvorbereitung kann das mentale und körperliche Wohlbefinden von schwangeren Frauen stärken – wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge können fachlich betreute Kurse hierbei große Vorteile bringen.

Von Mirko Luis

Die von der in Fulda ansässigen Deutschen Familienstiftung (DFS) getragene Familienschule am Gallasiniring 30 sieht Paare hierbei als Team – und hat einen großen Fokus auf Männer. Diese fühlen sich dadurch besser wahrgenommen und nicht mehr „unter ferner liefen“, sagt die Leiterin der Familienschule, Julia Spätling. Wir befragten die gelernte Kinderkrankenschwester und Dipl. Heilpädagogin, ihren Ehemann Carlo Barretta (Finanz- und Verwaltungsmanagement der Familienschule und der Deutschen Familienstiftung) und den Gründer und 1. Vorsitzenden der Deutschen Familienstiftung, Prof. Dr. Ludwig Spätling, zu Details.

Was ist das originäre Kernziel der Familienschule?
Die Partnerschaft der Paare zu stärken ist das Kernziel der Stiftung. Hierbei soll unter anderem der Übergang zur Elternschaft erleichtert und die Eltern-Kind-Bindung gestärkt werden, damit diese positiv durch die herausfordernde Zeit mit Baby und Kleinkindern kommen.

Wie groß ist Ihr Team und wer kommt zu Ihnen?
Steter Tropfen höhlt den Stein: Wir haben nie viel Manpower gehabt, aber wir sind sehr ökonomisch. Mit vier Festangestellten (davon drei Minijobs) und zwölf Honorarkräften sichern wir das Angebot unserer Familienschule vor Ort ab. Diese ist eine niedrigschwellige Anlaufstelle für werdende und junge Eltern und ein sozialer Treffpunkt – neben der Geburts- und Familienvorbereitung werden etwa ein „Frischlingstreff für frischgebackene Eltern“, das Eltern-Kind-Turnen und Babymassagen angeboten. Zudem werden bei Vorträgen (zum Beispiel: „Zusammen glücklich“) viele Informationen vermittelt, die jungen Familien helfen, im Alltag auftauchende Probleme zu lösen. Bei uns können sich wirklich alle Nutzer:innen der vielfältigen Kursangebote wohlfühlen: Neben Vätern und Vätern in spe kommen mittlerweile auch gleichgeschlechtliche Paare zu uns. Wir beobachten außerdem zunehmend internationales Publikum durch die großen Firmen in Fulda.

Apropos Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturen – was steckt eigentlich genau hinter dem Projekt „Klinik offen für alle Kulturen –interkulturelle Öffnung der Frauenklinik des Klinikums Fulda?
Nun, wir wollten mit diesem vom hessischen Sozialministerium unterstützten Projekt das Miteinander zwischen werdenden Familien mit Migrations- und Flüchtlingshintergrund und den Mitarbeitenden der Frauenklinik während des Krankenhausaufenthaltes verbessern – dies ist nach Meinung aller am Projekt Beteiligten bisher gut gelungen.

Und welche aktuelle Themen umtreiben anno 2023 die Deutsche Familienstiftung?
Das Wichtigste ist, die Finanzierung der Wochenbett-Krisenhilfe durch die Krankenkassen voranzutreiben und die Übernahme der Inhalte der Geburts- und Familienvorbereitung in die herkömmliche Geburtsvorbereitung zu bewerkstelligen. Bei der Deutschen Familienstiftung stehen zudem die Initiierung und Begleitung verschiedener Forschungsprojekte Symposien, Tagungen und regelmäßige überregionale Veröffentlichungen auf der Agenda, um den Bekanntheitsgrad zu steigern.

Stichwort Wochenbett-Krisenhilfe: Was sind hier zwingend Gründe zum Handeln?
Wissenschaftlichen Evaluierungen zufolge erkranken in der Schwangerschaft und nach der Geburt sowohl Frauen als auch Männer an der Wochenbett-Depression. In den ersten Tagen nach der Entbindung tritt der sogenannte „Babyblues“ auf. Hierbei handelt es sich um ein vorübergehendes Stimmungstief, das in der Regel keine Behandlung erforderlich macht. Nur wenn die Symptome länger als zwei Wochen anhalten, sollte man einen „Selbsttest“ machen, die Hebamme ansprechen, die Wochenbett-Krisenhilfe anrufen (0163 / 69 88 616) oder einen Experten aufsuchen. Die Symptome können durch geeignete Maßnahmen um bis zu 50 Prozent gelindert werden. Deshalb begleitet unsere Wochenbett-Krisenhilfe betroffene Frauen in ihrem Zuhause, sodass diese selbst in die Lage versetzt werden, sich zu helfen und trotz der Umstände eine gute Bindung mit ihrem Säugling aufzubauen.

Und was hat es mit dem „Wochenbett-Sofa“ auf sich?
Ganz einfach: Leider gibt es auch im Bereich der Hebammen einen Fachkräftemangel, sodass leider einige werdende Mütter in puncto Nachsorge allein auf sich gestellt sind. Deshalb bieten wir diesen Müttern die Chance, wenigstens einige Nachsorgeuntersuchungen durch eine Hebamme in den Räumlichkeiten unserer Familienschule durchführen zu können.

GUT ZU WISSEN

Kontakt und weitergehende Informationen online unter https://familienschule-fulda.de/, E-Mail: info@familienschule-fulda.de oder Telefonnummer: (0661) 9338872.

Einen youtube-Film zum Projekt „Klinik offen für alle Kulturen – interkulturelle Öffnung der Frauenklinik des Klinikums Fulda” finden Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=A0maBEpSDxI

Einen anonymen Selbsttest für Mütter, die möglicherweise unter einer Wochenbett-Depression leiden gibt es über die Website des Vereins „Schatten & Licht“ e.V. unter https://schatten-und-licht.de/

Literaturtipp: Prof. Dr. Ludwig Spätling und Helmut Flecks: „Glücklich als Paar, glücklich als Familie: Die Beziehung stärken, gemeinsame Werte definieren, Individualität zulassen“, 208 Seiten, 13 Euro, Goldmann Verlag