Fulda | Spatenstich für neues JUMO-Werk im Technologiepark Fulda West – rund 48 Millionen Euro für die Fertigung von Temperatur- und Drucksensoren

Digitalstaatssekretär Patrick Burghardt: „JUMO ist in der Zukunft angekommen“

Die JUMO-Unternehmensgruppe hat am Mittwoch im Technologiepark Fulda-West den offiziellen Start für das „Jumo Sensilo Werk“ und damit die mit 48 Millionen Euro bezifferte größte Investition in der 75-jährigen Unternehmensgeschichte gegeben. „JUMO ist in der Zukunft angekommen“, erklärte der Digitalstaatssekretär und CIO des Landes Hessen, Patrick Burghardt (CDU), der von einem „auch für das Land Hessen bedeutsamen Projekt“ sprach und herzliche Grüße von Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) übermittelte.

Von Mirko Luis

Das, was hier entstehe, nehme eine „Vorreiterrolle für viele andere Projekte im Bundesland Hessen“ ein. Das Großprojekt sei nicht nur nachhaltig, was die Bauweise und Unterhaltung angehe, as Unternehmen begebe sich auch bei der Energieversorgung in wegweisender Weise auf den Weg  in die  Zukunft, sagte Burghardt anlässlich des traditionellen Spatenstichs, zu dem neben der Familie Juchheim zahlreiche Vertreter von Politik, Wirtschaft und Verwaltung sowie zahlreiche Ehrengäste und Mitarbeitende in die Böcklerstraße gekommen war. Unter den Gästen befanden sich unter anderem Landrat Bernd Woide (CDU), der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda, Dr. Christian Gebhardt, sowie der Hauptgeschäftsführer der IHK Fulda, Michael Konow.

Vom 6-Mann-Unternehmen zum Global Player

Die Großinvestition beginnt in einem bedeutsamen Jahre, denn in diesem Jahr kann JUMO auf eine 75-jährige Unternehmensgeschichte zurückblicken. Aus einem Sechs-Mann-Unternehmen, das Moritz-Kurt Juchheim 1948 in Fulda gründete, ist mittlerweile eine global agierende Unternehmensgruppe mit Standorten in 24 Ländern geworden. An diese unternehmerische Leistung seines Vaters erinnerte Gesellschafter Bernhard Juchheim mit hohem Respekt seines im thüringischen Ilmenau geborenen Vaters in seinem Grußwort. In Fulda sei das Unternehmen nach vielen erfolgreichen Erweiterungen an räumliche Grenzen gestoßen. „Der heutige Spatenstich ist für uns auch so etwas wie ein ‚Befreiungsschlag‘, denn wenn sie sich hier umsehen, werden sie schnell merken, dass auf diesem Gelände auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch genügend Wachstumspotenzial besteht“, betonte Juchheim.


Kompletter Verzicht auf fossile Energieträger

Der Sohn des Unternehmensgründers Moritz Juchheim gab zugleich spannende technische Details für das neue Werk bekannt, für das die Baugenehmigung in einer rekordverdächtigen Zeit von nur zwei Monaten erteilt worden war. „Wir werden nach aktueller Planung komplett auf fossile Energieträger verzichten“, kündigte Bernhard Juchheim an. Zur Heizungsunterstützung soll dem nach wie vor agilen Unternehmer zufolge eine moderne  Geothermieanlage eingesetzt werden. Während diese die Spitzenleistung abdecken werde, würde die Grundlast komplett durch Wärmerückgewinnung aus Produktionsprozessen gedeckt. Ein entsprechender Antrag für die Geothermieanlage befindet sich laut Juchheim bereits in Prüfung. Unterdessen soll der Strombedarf der Produktionsanlagen größtenteils durch eigenen Strom gedeckt und die Kühl- und Lüftungsanlagen des neuen Werks überwiegend mit selbsterzeugtem Strom aus der Photovoltaikanlage betrieben werden. „Wir haben die energetischen Prozesse auf das Ziel ausgerichtet, den CO2-Fußabdruck auf ein Minimum zu reduzieren“, fasste Juchheim zusammen.

„Mein Vater wäre stolz, das zu sehen“

„Mein Vater wäre stolz, wenn er das eindrucksvolle Panorama mit den Bautätigkeiten heute sehen könnten. Wir sind nie stehen geblieben und haben uns immer verändert, um das bleiben zu können, was wir sind: ein Unnernehmen der Spitzentechnologie mit dem Wertekanon eines Familienunternehmens“, wählte Juchheim emotionale Worte. Das neue Werk werde die Arbeitgebermarke JUMO in der Region stärken. Dass man Weltmarktführer bei den industriellen Messfühlern sei, dieser Unternehmenserfolg beruhe einerseits auf hochmotivierten und qualifizierten Mitarbeitenden, aber auch auf dem partnerschaftlich-kollegialen Umgang miteinander, der von Respekt, Anerkennung und Wertschätzung geprägt sei.

Produktionsfläche von rund 13.000 Quadratmetern

„Wir errichten ein Werk für die Fertigung von Temperatur- und Drucksensoren mit einer Produktionsfläche von rund 13.000 Quadratmetern. Diese Produktbereiche sind zuletzt überdurchschnittlich stark gewachsen und wir sehen hier auch in den nächsten Jahren ein großes Potenzial“, erläuterte unterdessen Geschäftsführer Dr. Steffen Hoßfeld. „Selbstverständlich stehen die Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und smarte Fabrik bei unserem neuen Werk ganz oben auf der Agenda“, so Hoßfeld weiter. Eingangs seines Grußwortes erinnerte er an das Zitat des Schriftsstellers Albert Camus, der einmal gesagt habe, dass die wahre Großzügigkeit der Zukunft gegenüber darin bestehe, in der Gegenwart alles zu geben. Dieses Zitat bringe das Projekt im Technologiepark Fulda-West auf den Punkt. „Wir geben hier und jetzt alles“, versicherte der Geschäftsführer. Zugleich kündigte er an, in den Zielbranchen doppeltes Marktwachstum erreichen zu wollen. Auch für 2023 plane man eine „deutliche Umsatzsteigerung“. Nach Angaben von Hoßfeld hatte JUMO 2022 trotz zahlreicher globaler Krisen den Wachstumstrend der Vorjahre fortgesetzt. Der Umsatz des Jahres 2021 in Höhe von 280 Millionen Euro habe auf über 300 Millionen Euro gesteigert werden können. Aktuell schaue man in gut gefüllte Auftragsbücher, deswegen falle der Blick in die Zukunft sehr positiv aus. „Läuft das neue Werk unter Volllast, dann planen wir, etwa 100 weitere Mitarbeiter einzustellen“, kündigte Hoßfeld an. Ende vergangenen Jahres seien weltweit 2500 Mitarbeitende bei JUMO beschäftigt gewesen, davon 1400 in Deutschland. Hierunter befänden sich 100 Azubis. Beim Bick in die Zukunft liege der besondere Fokus auf digitalen Schnittstellen. Automatisierte Fabriken gewönnen in allen Branchen an Bedeutung. „Darüber hinaus treiben wir die Digitalisierung von Sensoren genauso wie den Aufbau von Multisensoren voran. Wir wollen uns künftig als System- und Lösungsanbieter noch besser positionieren und unseren Kunden mit neuen Geschäftsmodellen einen Mehrwert bieten“, sagte Hoßfeld.

Klares Bekenntnis zum Standort Fulda – Wertschätzung für unternehmerischen Pioniergeist der Nachkriegszeit

„Stadtbaurat Daniel Schreiner und mir ist es eine große Freude, im Namen der Stadt Fulda und auch im Namen von Landrat Bernd Woide alle guten Wünsche für das Gelingen dieses Werks – die Fabrik der Zukunft, auf die wir alle gesetzt haben, zu überbringen“, sagte Fuldas OB Dr. Heiko Wingenfeld in Richtung der Bauherren. Er sei sehr dankbar, dass Bernhard Juchheim allen Anwesenden vor Augen geführt habe, was dieser Tag in der Unternehmensgeschichte bedeute, ergänzte er. Mit Blick auf die Auswirkungen der globalen Lage und den damit verbundenen Unsicherheiten wies der hessenweit für seine weitsichtige Wirtschaftspolitik geschätzte Lenker der Barockstadt darauf hin, dass an vielen anderen Orten im Land Investitionsvorhaben erst einmal verschoben würden, weil man sich nicht sicher genug sei. „Umso bedeutsamer ist der heutige Schritt für das Unternehmen, aber auch für die gesamte Stadt, für die Region, das Land Hessen und darüber hinaus.“ Mit Demut und Respekt erfülle ihn, wie die JUMO-Unternehmensgeschichte in Fulda 1948 begonnen habe, so Wingenfeld mit Blick auf die Firmenhistorie. Seinerzeit, in der Nachkriegszeit, hätten ganz andere Unsicherheiten geherrscht. „Vor allem der Glaube an das eigene Können, der Mut und die Zuversicht haben den Grundstein für die Unternehmensgeschichte gelegt“, würdigte Wingenfeld Gründer-Tugenden. „Wir haben es Unternehmerpersönlichkeiten und fleißigen Mitarbeitern zu verdanken, dass sich Fulda so erfolgreich entwickelt hat“, fügte er an. Nun gelte es, den Unternehmergeist von 1948 in die Zukunft zu führen – die eigene Kompetenz, das Können und den klaren Kurs.“

Rekordverdächtiges Tempo: In nur drei Jahren produktionsfähig

Stefan Reith, JUMO-Projektleiter, und Architekt Marco Schlothauer betonten die aktuellen Herausforderungen in der Baubranche. Neben Lieferengpässen bei Material, dem Fachkräftemangel sowie Planungsunsicherheiten aufgrund politischer Entwicklungen sei es auf der anderen Seite ein zeitnaher Bedarf an optimaler Produktionsfläche gewesen. Während ein vergleichbares Projekt etwa vier bis fünf Jahre Laufzeit habe, sei hier der klare Auftrag gewesen, in drei Jahren produktionsfähig zu sein.

Solche Herausforderungen seien mit den klassischen Arbeitsmethoden nicht lösbar. Daher habe man sich entschieden, eine integrierte Projektabwicklung durchzuführen. Dabei werden die Bauausführenden schon zu Beginn der Planungsphase in das Projekt integriert. So kann man sicherstellen, dass alle Projektbeteiligten von Beginn an eine optimale Lösung erarbeiten können. „Dieses Verfahren ist sehr innovativ und absolutes Neuland“, so Reith. Die Vorgehensweise zeige schon jetzt ihr Potenzial, das Projekt liege trotz der aktuellen Lage in der Baubranche im Zeitplan und im veranschlagten Budget.

Als Projektleiter lobte Stefan Reith alle Beteiligten, insbesondere die Planungs- und Ausführungsunternehmen für ihre Bereitschaft, diesen neuen Weg mitzugehen. Er bedankt sich auch bei seinem Projektteam von JUMO für die gute Unterstützung und bei der Geschäftsführung und den Gesellschaftern für das entgegengebrachte Vertrauen in das Projektteam und die neue Projektmethode.

Ein großes Lob galt auch der Zusammenarbeit mit der Stadt Fulda hinsichtlich der kurzen Entscheidungswege. „Die Stadt Fulda hat uns von Anfang an bei dem Projekt unterstützt und steht uns jederzeit als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung“, so Reith. Wenn es so weitergehe wie bisher, stehe dem Hochlauf im ersten Quartal 2025 nichts entgegen. Gesegnet wurde der Bau von den beiden Pfarrer Markus Schneider (katholisch) und Stefan Bürger (evangelisch). Etwa 40 Unternehmen aus der Region werden bei der Realisierung des Neubaues helfen

Zahlen/Daten/Fakten
Fertigung im Werk: Temperatur- und Drucksensoren
Gesamtfläche des Gebäudes: ca. 13.000 m²
Produktions- und Logistikfläche: ca. 10.000 m²
Gebäudeabmessungen: ca. 135m x 65m x 8m
Grundstücksfläche: ca. 100.000 m²