Bad Salzschlirf | Gemeindevertreter erteilen Plänen der FW-Gruppe Hofbieber an der Müser Straße in Bad Salzschlirf ihren Segen

Grünes Licht für Solarpark in Bad Salzschlirf

Die geplante Freiflächen-Photovoltaikanlage (PV-Anlage) am Standort „Über dem Budenrain“ an der Müser Straße hat die erste wichtige Hürde auf dem Weg zur Realisierung genommen: Mit 12-Ja-Stimmen hat jetzt der Gemeinderat auf einer Sondersitzung dem Angebot der FW-Gruppe Hofbieber den Segen erteilt.

Von Mirko Luis

Im Zuge des Beschusses wurde die Verwaltung für den Abschluss der notwendigen Verträge mit dem Projektierer aus der Rhön sowie die Einleitung des baurechtlichen Verfahrens beauftragt. Wie vom Parlament gewünscht waren – ergänzend zum bereits vorliegenden Angebot der FW-Gruppe – weitere Unternehmen kontaktiert worden. Jedoch hatte am Ende nur eines der vier angefragten Unternehmen – Erneuerbare-Energien-Spezialist  7x7energie Dillenburg (Lahn-Dill-Kreis) – eine Projektskizze und ein konkretes Angebot eingereicht. Dessen Geschäftsführer, Dipl-Ing. Christoph Schwedes, hatte einige Referenzen im Gepäck, darunter unter anderem den auf einer ehemaligen Erdaushub- und Bauschuttdeponie errichteten Solarpark in Wartenberg-Landenhausen und den in einem ehemaligen Gewerbegebiet in Lauterbacher Ortsteil Wallenrod errichteten Solarpark.

 

Mit „Agri-Photovoltaik“ (Agri-PV) stellte Schwedes den Gemeindevertretern ein interessantes Verfahren vor, das nicht nur für die gewünschte Energiewende, sondern auch für die Landwirtschaft eine Chance ist. Denn bei diesem Verfahren werden die Solarpark-Flächen zugleich für andere Dinge wie etwas die Schafbeweidung oder die Pflanzenproduktion genutzt. Eine vom Parlament gewünschte Dynamisierung der Pacht enthielt das Angebot des Dillenburger Unternehmens nicht, dafür wäre eine Bürgerbeteiligung mit individuellen Einstiegsmöglichkeiten für Kleininvestoren ab 500 Euro und drei Prozent jährlicher Rendite möglich gewesen.

Wertschöpfung bleibt in der Region

Dass am Ende die FW-Gruppe aus Hofbieber den Zuschlag bekam, lag wohl nicht nur an der um 860 Euro höheren jährlichen Pacht (FW-Gruppe 3000 Euro pro Hektar jährlich, 7×7 lediglich 2.140 Euro pro Hektar jährlich) und Dynamisierungs-Optionen mit einem Anstieg der Pachteinnahmen ab dem 11. und 21. Betriebsjahr um jeweils 300 Euro pro Hektar, sondern auch an der regionalen Nähe. Gemeinde und Bürger hätten den größten Benefit darin, die Wertschöpfung hier in der Region zu lassen, meinte Dr. David Post, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler Liste (FWL).

Innovativer Ansatz: Crowdfunding

Zuvor hatte Post als kurzes Zwischenfazit gezogen, dass die Gemeindeparlamentarier zwei unterschiedliche Konzepte vorgestellt bekommen hätten, die in den Grundzügen das, was man sich gewünscht habe, erfüllten. Eine Agri-PV-Anlage sei für sich genommen attraktiv, aber eben doch auch sehr speziell. Der Ansatz, das Modell so wirtschaftlich wie möglich zu betreiben, erhöhe indes die finanzielle Attraktivität für die Gemeinde. Zudem mache der innovative Ansatz einer ewaigen Bürgerbeteiligung über Crowdfunding (Schwarmfinanzierung) – einer Finanzierungsform, bei der sich in der Regel viele Geldgeber mit kleineren Summen beteiligen – das Ganze rund.

In der Präsentation hatte der Namensgeber und Geschäftsführer der FW-Gruppe, Florian Wehner, die Vorteile eines Crowdfunding-Modells gegenüber einer Energiegesellschaft, die mit vergleichsweise viel mehr Aufwand verbunden sei, dargelegt. Auf die Frage der FWL-Fraktionsspitze, was die FW-Gruppe machen würde, wenn von den drei Eigentümern der für das Gesamtprojekt vorgesehenen privaten Grundstücke einer abspringen würde, bezog Wehner klar Position. Nur in Kombination der kommunalen Fläche (2,2 Hektar) und der privaten Flächen (3,4 Hektar) sei eine sinnvolle Beplanung gegeben.

Branche spricht mittlerweile von Parks einer Größe von 20 Hektar aufwärts

Der zuständige Projektierer der FW Gruppe, Christopher Gärtner, ergänzte, dass im täglichen Geschäft bereits über Parks von 20 Hektar Größe aufwärts gesprochen werden. Er verwies zudem auf den Solarpark, der an der A7 bei Eichenzell entstehen soll. Hier – auf einer Fläche von elf Hektar – sehen aktuelle Planungen die Stromerzeugung für rund 4.000 Haushalte vor. So viele werden es in Bad Salzschlirf zwar nicht sein. Aus Faustregel gilt, dass PV-Anlagen auf 1 Hektar Land rund ein Megawatt Strom erzeugen und damit etwa 250 Haushalte versorgen können.

Bürokratische Mühlen mahlen langsam

Bis zur Realisierung wird ohnehin noch viel Wasser durch die Fulda fließen. Florian Wehner und Christopher Gärtner zufolge mahlen die bürokratischen Mühlen beim Genehmigungsverfahren aktuell noch sehr langsam. „Wir können uns glücklich schätzen, wenn wir den Park Ende des Jahres 2025 stehen hätten“, gaben sie eine erste Prognose ab. Das Genehmigungsverfahren für einen Solarpark dauere im Schnitt zwei Jahre, die Montage selbst dagegen lediglich zwei Monate.

CDU kritisiert Schneckentempo und regt an, bei Landesministerien Druck zu machen

Mit Blick auf die von Superminister Robert Habeck (Grüne) verkündeten Ziel der Energiewende kritsierte Dr. Barth-Bogislav Baller (CDU) das Schneckentempo beim Genehmigungsverfahren. „Da muss sich schleunigst etwas ändern“, meinte er. Und regte an, bei Landesbehörden mit entsprechenden Schreiben Druck zu machen, damit sich hier schnell etwas ändere. Die schwimmenden LNG-Terminals seien schließlich auch im Eiltempo an das vorhandene Gasnetz angeschlossen worden. FWL-Fraktionsspitze Dr. David Post beruhigte Baller – das Wirtschaftsministerium von Habeck sei hier schon dran. Tatsächlich machte hier auch schon die Europäische Union (EU) Druck. Demnach sollen Erneuerbare-Energie-Projekte nach Marktkorb-Informationen zukünftig binnen maximal eines Jahres durch Genehmigungsverfahren gehen.

Haushaltsentlastung in Höhe von jährlich über 18.000 Euro

Der Haushalt von Bad Salzschlirf wird nach den Worten von Bürgermeister Matthias Kübel (CDU) nicht nur durch Pachteinnahmen, sondern auch Gewerbesteuererträge und eine Kommunalabgabe in Höhe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh) entlastet. Hintergrund: Durch eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) will die Solarbranche Kommunen an den Einnahmen von PV-Freiflächenanlagen beteiligen. Rein rechnerisch bedeutet dies, dass bei einer geschätzten Jahresleistung der Anlage von rund fünf Millionen Kilowattstunden pro Jahr immerhin 10.000 Euro an die Kommune abgeführt werden würden – zusammen mit Pacht- und Gewerbesteuererträgen winkt laut Rathauschef Kübel pro Jahr ein Erlös von 18.300 Euro – ein hübsches Sümmchen für den angespannten Haushalt. Der Vertrag mit der FW-Gruppe soll eine Laufzeit von 20 Jahren haben, verbunden mit der Option, diesen zwei Mal um jeweils fünf Jahre zu verlängern. Die FW-Gruppe kündigte darüber hinaus an, nach Ablauf der Vertragslaufzeit für den Rückbau eine Bürgschaft in Höhe von 5.000 Euro pro installiertem Megawatt leisten zu wollen.