Region | Kalifornische Spielhallenkette Sandbox VR eröffnet in Alsfeld ersten Standort in Deutschland

Als Avatar zum Weltenretter

Der deutsche Freizeitmarkt ist um eine Attraktion reicher, die der sogenannten Virtual-Reality (VR) Brille zum Durchbruch im Entertainmentbereich verhelfen könnte: Am frühen Donnerstagabend eröffnet Sandbox VR – eine der weltweit bekanntesten VR-Spielhallenketten – ihren ersten Standort in Deutschland inmitten der oberhessischen Fachwerkstadt Alsfeld.

Von Mirko Luis

Zur Eröffnung wird unter anderem der Vize-Landrat des Vogelsbergkreises, Dr. Jensch Mischak (CDU), erwartet. In Europa gibt es Sandbox VR sonst nur noch in London zu erleben. Der Clou: Durch ausgeklügelte Technik, auf die schon die Macher des Hollywood-Blockbusters „Avatar“ setzten, wird der aus der Realwelt kommende Spieler auf einem virtuellen Spielfeld plötzlich selbst zur Spielfigur und kämpft zum Beispiel mit seinem Avatar gemeinsam mit den Avataren seiner Teammitglieder gegen eine Horde von Zombies, blutrünstige Hunde und Mega-Monster. Die spektakuläre Mission in dem neuesten VR-Game namens „Deadwood Valley“: einen Wissenschaftler und eine Frau retten, die wiederum die Antikörper haben, welche die Menschheit vor ihrer Vernichtung bewahren.

Technisch-hocherüstete Dun-Arena hinter der „Alten Post“

Die über zwei technisch-hochgerüstete Spielflächen verfügende Fun-Arena hinter der „Alten Post“ in Alsfeld verfügt über eine Art „Spielplatz der Zukunft“, sogenannte „Holodecks“, 50 Quadratmeter groß und für bis zu sechs Spieler. Die können sich innerhalb des Spielfeldes frei bewegen, sollten aber die roten Linien, die sie durch die VR Brille sehen, möglichst nicht übertreten – sonst könnte irgendwann die Wand (wie in der „Truman Show“ mit Jim Carrey) kommen. Fünf weitere VR-Erfahrungen, von denen die der harmloseren Art ab einem Alter von 12 Jahren geeignet sind, lassen den Adrenalinspiegel für etwas mehr als eine halbe Stunde in die Höhe schießen. Vom „Star Trek: Discovery“-Erlebnis über ein Spielvergnügen im Comic-Stil auf einem Piratenschiff oder ein Straßenkampf-Spiel ist alles dabei. Der Spielspaß kostet, je nach Buchungstag und Anzahl der Personen, zwischen 35 und 55 Euro – das dürfte einen leidenschaftlichen Gamer ebenso wenig umhauen wie die Preise, die ein Musikfan zahlen muss, um sein Idol zu erleben.

Jede noch so kleine Bewegung wird per Trackingkugeln übertragen

Beim Onboarding bekommen die Spieler alles, was sie beachten müssen, erklärt. Etwa, dass jede noch so kleine Bewegung durch an den Armen und Beinen befestigte Trackingkugeln in das VR-Spiel übertragen wird und in Echtzeit in der computergenerierten Wirklichkeit zu sehen ist. Die Bewegungskoordinaten gelangen über einen Laptop, der sich in einem angeschnallten kleinen Rucksack befindet, an den Spieleserver. Für das haptische Feedback sorgt eine Vibrationen erzeugende Weste – je nach Spiel können verschiedene Waffen bis hin zur virtuellen Kettensäge, Schwert oder Schild ausgewählt werden.


Realistischer denn je – das Kreischen von Spielern beweist es

„Wenn die Spieler so tief im Spiel drin sind, dass sie kreischen oder schreien und nach einer halben Stunde intensiver Bewegung so richtig ins Schwitzen gekommen sind, wissen wir, dass wir als Entwickler so ziemlich alles richtig gemacht haben“, verriet Simon Sommer aus Potsdam, der zu einem der zwei Sandbox VR-Entwicklerteams gehört und mit Paula Karbowniczek aus Warschau und seinem in Hamburg lebenden Kollegen Johannes Tripolt den neuen Standort besucht. Sommer zufolge kommen pro Jahr zwei neue Spieletitel aus der Sandbox VR Softwareschmiede. Als Zugabe erhält jeder Gamer nach dem Spiele übrigens ein Video an seine E-Mail-Adresse geschickt, das ihn in Aktion zeigt und das er gerne teilen kann.

Actiongeladenes Gaming-Vergnügen nicht nur etwas für Hardcore-Zocker

„Ich bin auch kein Hardcore-Zocker, aber hier kann ich mitspielen, ohne wie am PC Tastaturkürzel beherrschen und mich auch sonst richtig gut mit dem PC auskennen zu müssen – hat man die VR Brille auf, weiß man intuitiv, was zu tun ist“, sagt Unternehmer Torsten Schneider (42), dem die 16.000-Einwohner-Stadt ihr neues Alleinstellungsmerkmal zu verdanken hat. Der studierte Wirtschaftsinformatiker, sebst Vater von zwei Kindern, betreibt unter anderem mit der Erlebniswelt „Next Level“ bereits einen Escape-Room und eine Lasertag-Arena, ist darüber hinaus Herausgeber des Online-Nachrichtenportals „Oberhessen Live“ und Inhaber einer Agentur für digitale Medien. Dass das 2016 in Kalifornien gegründete Unternehmen, das bis 2019 satte 80 Millionen US Dollar Risikokapital eingesammelt hatte, wegen der Pandemie schließen musste, sich dann aber wieder fing und mittlerweile weltweit fast 30 Standorte unterhält, nach Alsfeld kam, ist Schneider zufolge das Ergebnis gut einjähriger Verhandlungen. Natürlich sei er schon gefragt worden: „Warum nicht Frankfurt oder Berlin?“ Seine Antwort lautete damals wie heute: „Wir sind in Alsfeld, wir leben in Alsfeld und wir wollen Alsfeld und der Region was bieten.“ Im besten Fall blieben die Besuchergleich für mehrere Stunden in der Stadt, gingen noch einkaufen, besuchten Restaurants oder blieben sogar über Nacht. „So profitiert auch die Region.“

Sündhaft teure Technik – Fördermittel von der EU geflossen

Das SandboxVR System selbst kostet Schneider zufolge über 500.000 Euro – etwa 300.000 Euro für die Technikausstattung und 200.000 Euro für Lizenzen und die Einrichtung. „Insgesamt gehen wir hier mit einem Kredit von über einer Millionen Euro an den Start, mit dem wir das gesamte neue NextLevel-Areal in Alsfeld finanzieren – und einen weiteren künftigen Standort direkt mitfinanzieren“, so der Unternehmer. Die zukunftsträchtige Investition wurde übrigens mit 100.000 Euro Förderung aus Leader-Mitteln des Vogelsbergkreises unterstützt.

Bürgermeister Stephan Paule: Investition von großer Wichtigkeit für den Standort Alsfeld

„Diese Investition ist von großer Wichtigkeit für den Standort Alsfeld. Er zeigt, dass innovative Unternehmer auch bei uns auf dem Land Großes schaffen können“, erklärte der Alsfelder Bürgermeister Stephan Paule (CDU) auf Anfrage der Fuldaer Zeitung. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene beklagten häufig fehlende Freizeitangebot auf dem Land. „Sandbox VR schafft genau für diese Zielgruppe ein Angebot, das zu den innovativsten und besten Vorreitern in ganz Europa gehört“, so der CDU-Kommunalolitiker, der zugleich die CDU-Fraktion in Kreistag führt.

Weitere Standorte sollen in naher Zukunft laut Torsten Schneider in Richtung Rhein-Main-Gebiet sowie Südhessen gehen.

Hinweis
Mehr Informationen und Buchungen unter www.nextlevel-erlebnisse.de.