Schlitz | Widerspruch zur Baugenehmigung für Kulturhalle und aktueller Baulärm sorgen für Trouble

Riesen-Zoff um das „Leuchtturmprojekt“ Kulturhalle in Schlitz

Mitten im Hochsommer ziehen dunkle Wolken über der Burgenstadt auf. Gleich zwei Dinge sorgten in den letzten Tagen für Ungemach und beschäftigen Bürgermeister Heiko Siemon (CDU) und das Parlament – ein Einwand der Kommunalaufsicht wegen Fehlern im städtischen Haushalt und ein Widerspruch zur Baugenehmigung für die Kulturhalle.

Von Mirko Luis

Das millionenschwere Leuchtturmprojekt hat somit in einer sehr frühen Phase der Umsetzung die ersten Kratzer bekommen. Über die Hintergründe für den Widerspruch zur Baugenehmigung der Kulturhalle hatte der „Schlitzer Bote“ am Wochenende vor der außerplanmäßigen Stadtverordnetensitzung am Montag dieser Woche in der Kulturscheune im Ortsteil Queck berichtet. Ein am Samstag im Lokalteil der örtlichen Tageszeitung vor der Sitzung veröffentlichter „Offener Brief“ hallte noch im Parlament nach. In ihm hatten Anwohner der Baustelle, die sich auf dem Areal der ehemaligen Brauerei befindet und auf der seit Kurzem emsiges Treiben herrscht, geharnischte Kritik an der Stadt geübt. Das Schreiben seien unbeantwortet geblieben, Bedenken, die jetzt Realität seien, ignoriert worden, hieß es da unter an- derem. Stein des Anstoßes ist zum einen der aktuelle Baulärm. Durch ihn sollen sogar schon Gäste der anliegenden Beherbungsbetriebe vergrault worden sein, wie der „Schlitzer Bote“ berichtete. Bürgermeister Heiko Siemon (CDU) zufolge geht täglich eine Anzeige wegen Überschreitung des zulässigen Lärmpegels bei der Polizei und beim Ordnungsamt ein. Wobei die Anzeigen auf „eigenen Messungen“ des Anwohners beruhten.

 

Bauamt des Vogelsbergkreises prüft den Widerspruch

Unterdessen bezieht sich der Widerspruch zur Baugenehmigung auf den Lärm der künftigen Nutzung. Er wird aktuell vom zuständigen Bauamt des Vogelsbergkreises juristisch geprüft. Dem Vernehmen nach wird in der künftigen Kulturhalle bis 22 Uhr ein Geräuschpegel von 60 Dezibel (dB) erlaubt sein, danach sind 45 Dezibel zulässig. Heiko Siemon stellte zu diesem Punkt in seinem Bericht über die Arbeit des Magistrats klar, dass es sich bei dem Vorhaben um eine kulturelle Einrichtung und kein weiteres Dorfgemeinschaftshaus (DGH) handele, in dem Hochzeiten oder Geburtstage gefeiert würden. Verhielten sich die Besucher diszipliniert, könnten also die Grenzen eingehalten werden. Ob bereits zum jetzigen Zeitpunkt ein Lärmgutachten hätte vorliegen müssen, verneint der CDU-Politiker. Man könne schließlich nicht etwas messen, was noch nicht da sei.

Ausgang des Verfahrens steht noch in den Sternen

Die Unterzeichner des „Offenen Briefes“, Maria Dern und Sebastian Wendt, sehen ein Lärmschutzgutachten im Gegensatz dazu als obligatorisch an. Ungeachtet der Gretchenfrage, ob der Widerspruch Erfolg haben wird, wandte sich der Rathauschef in seinem Bericht ans Parlament den Handlungsoptionen der Stadt zu. Eine komplette Neuplanung der Nutzung würde zusätzliche Planungskosten verursachen. „Dies wären Kosten im sechsstelligen Bereich“, räumte Siemon ein. Bisher seien 2,8 Millionen Euro ausgegeben worden. Bei einem Stopp des Großprojekts bliebe das Areal so, wie es ist. Ob die bereits zugesagten Förderungen für die Umsetzung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) komplett eingestellt werden würden, vermochte Siemon in der Sitzung nicht zu beurteilen. In jedem Fall futsch wären die investierten 2,8 Millionen Euro. Werde das Projekt indes wie geplant umgesetzt, trüge die Stadt von den 10,5 Millionen Euro Gesamtkosten mit 3,5 Millionen Euro lediglich rund ein Drittel, mit zusätzlichen EU-Fördergeldern läge der städtische Anteil bei 3,2 Millionen Euro. Jene Fördergelder der EU seien fristgebunden und durch den aktuellen Widerspruch möglicherweise gefährdet.

Heiko Siemon: „Kommunikation ist verbesserungswürdig“

Siemon räumte ein, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden – die Kommunikation sei durchaus verbesserungswürdig. Die Sorgen und Ängste der Anwohner würden sehr ernst genommen – um Klarheit zu bekommen, habe die Stadt eine unabhängige Stelle mit der Messung des aktuellen Baulärms beauftragt. Ergebnisse würden in Kürze erwartet.

Nicht nur beim Thema Kulturhalle lieferten sich die politischen Lager einen heftigen Schlagabtausch. Auch bei den Nachbesserungen zum Haushalt, die mit Blick auf die Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Stadt bis zum Jahr 2025 eine Erhöhung der Grundsteuer A und B in Erwägung ziehen, wurde es haarig. Durch Stimmen- mehrheit von CDU und BLS wurde das neue Zahlenwerk gebilligt.

Kritikpunkte der Kommunalaufsicht des Vogelsbergkreises

Zu den Kritikpunkten der Kommunalaufsicht am Haushalt gehörte, dass nicht klar und deutlich zwischen den Haushalten der Stadt und der Stadtwerke getrennt worden ist, sodass etwa Gewinne aus dem E-Werk dem defizitären Freibad zugerechnet werde. Zudem monierte die Kommunalaufsicht, dass jährliche Verluste in Höhe von 52.000 Euro nicht ausgewiesen worden wären. Dies könne unter Umständen aber dazu führen, dass Schlitz ab 2025 seine Liquidität verliere.

Die CDU sieht den Weg des Gegensteuerns in einer Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer A und B ab dem Jahr 2024 auf 430 und der Grundsteuer B ab dem Jahr 2025 auf 490 Punkte. Getroffen werden würde die Entscheidung allerdings nur, wenn sie absolut notwendig sei, war dazu aus den CDU-Fraktionsreihen zu vernehmen.

SPD-Fraktionschef mit scharfer Kritik an CDU

SPD-Fraktionsvorsitzender Zeynel Can erklärte in der Sitzung, dass seine Fraktion dem Vorschlag nicht zustimmen werde. CDU-Fraktionsvorsitzender Kevin Alles habe dahingehend „sehr viel über die SPD hergezogen“, dass diese „keine Ahnung von den Finanzen“ hätte und viele Projekte gefährden würde. „Jetzt ist nicht nur eingetroffen, was wir gesagt haben, es ist sogar noch schlimmer.“ Can mit Blick auf die geplante Grundsteuererhöhung weiter: „Mit der Planung haben Sie gezeigt, dass Sie den Bürgern tief in die Taschen greifen wollen, ohne sich Gedanken zu machen, was sinnvoll ist und was nicht.“

Kevin Alles: „Sollten zusammen vielleicht mal Lotto spielen“

CDU-Fraktionschef Kevin Alles widersprach. So wie es Zeynel Can anbrachte, habe er es nicht ausgedrückt. Er habe lediglich geäußert, dass die SPD nicht ganz klar zu einzelnen Maßnahmen stehe. Beim Thema einer möglichen Grundsteuererhöhung handele es sich lediglich um die Absichtserklärung, dass eine solche ein probates Mittel sein könne, den Anforderungen der Kommunalaufsicht Rechnung zu tragen. „Das letzte Wort hat das Parlament“, betonte Alles. Ob es tatsächlich so komme, da müsse man eine Glaskugel nehmen oder sollte zusammen vielleicht mal Lotto spielen, sagte Alles an Can gewandt. „Vielleicht wird es ja etwas mit uns beiden.“

FDP-Fraktionsvorsitzender Jürgen Laurinat: „Man spielt mit den Ansätzen“

„Man spielt mit den Haushaltsansätzen“, kritisierte FDP-Fraktionsvorsitzender Jürgen Laurinat. Seine Fraktion habe seinerzeit den Haushalt abgelehnt und habe immer noch eine ablehnende Haltung. Am wichtigsten sei der Erhalt der Handlungsfähigkeit der Stadt. „Wir enthalten uns der Stimme.“

BLS-Zustimmung für CDU-Vorschlag keine Vorabzustimmung für Steuererhöhung

„Wir erwarten, dass in den nächsten Jahren die Haushalte durchforstet werden, an welchen Stellen man sparen kann“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Bunten Liste Schlitzerland (BLS), Dr. Jürgen Marxsen. Eine Grundsteuererhöhung sollte man, so dies irgendwie möglich sei, unbedingt vermeiden. Eine Zustimmung zum Vorschlag der CDU sei keine „Vorabzustimmung“ der BLS für eine Grundsteuererhöhung. Es müsse geprüft werden, ob diese wirklich alternativlos sei.

Heiko Siemon: „Relativ schnell in Klausur gehen“

Heiko Siemon hätte sich eine andere Vorgehensweise der Kommunalaufsicht gewünscht. Diese hätte schon zwischendurch mal die Hand heben können und nicht erst einen Tag vor Ablauf der Frist, „dann hätte man parallel tätig werden können“. Mit Blick auf die Aussage der Kommunalaufsicht, dass Schlitz eine der letzten Kommunen des Vogelsbergkreises war, die das Zahlenwerk vorlegte, gelobte Siemon Besserung. Man könne schneller sein, indem man bis jeweils Ende September alle Ortsbeiräte abfrage, schneller als in Vergangenheit in Klausur gehe und den Haushalt bereits im Dezember des alten Jahres vor Beginn des neuen Haushaltsjahres einbringe. Allerdings sei es eine Erschwernis, dass dann womöglich konkrete Zahlen der Kreisumlage und Schlüsselumlage fehlen.

BAUFORTSCHRITTE AN DER KULTURHALLE
In einer aktuellen Pressemitteilung informierte jetzt Wirtschaftsförderer Oliver Rohde über den aktuellen Baufortschritt.
Den Angaben zufolge steht seit einigen Tagen  am Eingang zur ehemaligen Brauerei das Bauschild mit dem Hinweis auf diese bedeutende Baumaßnahme in der Stadt Schlitz. „Leider durfte diese Hinweistafel nicht gut sichtbar auf der Wiese zur Herrngartenstraße platziert werden. Die Denkmalbehörde verlangt auch während der Bauphase einen freien Blick auf die Schlitzer Burgen“, so Rohde. Die Arbeiten für den Rück- und Rohbau am neuen Saal liefen unterdessen planmäßig und seien im Schwerpunkt an heimische Firmen vergeben worden. Nachdem lange Zeit nur wenig von Bauarbeiten an dem ehemaligen Gär- und Eiskeller (Gebäude A) zu sehen gewesen sei, gehe es jetzt zügig voran. „Das Gebäude wird entkernt und die zukünftigen Fensterflächen sind geöffnet. An der Rückseite werden die Kellermauern freigelegt und Erdarbeiten durchgeführt. Das angrenzende Gebäude, die ehemalige Schlosserei (Gebäude B) ist abgerissen und der Platz für den Eingangsbereich des neuen Gebäudes geschaffen. Das ehemalige Gebäude für Drucktank (Gebäude C) ist fast vollständig entkernt und man kann aktuell gut die Dimensionen des neuen Gebäudes abschätzen. Aktuell laufen die Ausschreibungen für die Gerüst- u. Zimmererarbeiten, Malerarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Geothermie, Heizungstechnik, Sanitärtechnik, Raumlufttechnik, Mess-, Regel- u. Steuertechnik, Elektrotechnik und Blitzschutz“, teilt der Wirtschaftsförderer mit.