Hünfeld | Die Vorlage zum Sargenzeller Früchteteppich hat Heike Richter selbst gemalt

Ein Bild der Hoffnung entsteht

Im Prinzip laufen die Vorbereitungen zur Ausstellung des Früchteteppichs in der alten Kirche Sargenzell genauso ab wie jedes Jahr. Und dennoch ist dieser Früchteteppich etwas Besonderes: Erstmals ist die künstlerische Leiterin Heike Richter auch die Malerin der Vorlage.

Von Sabine Burkardt

Der Grund, warum die heimische Künstlerin selbst zu Farbe und Pinsel gegriffen hat, ist einleuchtend: „Ich habe einfach kein Bild gefunden, das die Botschaft des Früchteteppichs so rüberbringt wie wir uns das wünschen“, erklärt Richter. Das Bild zeigt Moses und den Auszug der Israeliten durch das Rote Meer. Für Richter aber zeigt es noch viel mehr: „Ich wollte eine Parallele ziehen in die Gegenwart und zu der Flucht der vielen Menschen aus der Ukraine. Wenn man sich das Bild anschaut, sieht man natürlich Moses und die Israeliten. Aber genauso gut könnten das auch Flüchtende aus der heutigen Zeit sein, und vielleicht sogar wir selbst.“
Das Bild zeigt das rauschende Meer, das sich hinter den Israeliten schließt. Zu sehen sind Frauen, Kinder, Männer, Tiere. Blitze, dunkle Wolken und Moses, der die Hand über das Meer ausstreckt. In den Gesichtern der vorgemalten Figuren lässt Richter die Mimik spielen, und die reicht von erschöpft über zuversichtlich bis hin zu glücklich. „Damit soll der Betrachter den Eindruck gewinnen, dass diese Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, froh sind, es geschafft zu haben und der Bedrohung entkommen sind“, so Richter. Ein Bild mit dieser Botschaft zu malen ist dabei schon schwer genug. Das Ganze aber auch noch ausschließlich mit Samen und Körnern, Blüten und Sand darzustellen, ist sozusagen noch mal eine Schippe oben drauf. Hier kann das zehnköpfige Früchteteppich-Team aus großem Erfahrungsschatz schöpfen, denn viele Helfer sind schon fast 20 Jahre lang dabei. Und haben sich in dieser Zeit zu wahren Expertinnen entwickelt, was Farbe, Struktur und Lebensdauer von mehr als 120 Gewürzen, Samen, Körnern und Blüten angeht. „Ich hatte vorher nicht gewusst, dass es zwanzig verschiedene Arten und Farben von Linsen und Reis gibt“, erklärt Brigitte Lindner vom Förderverein Alte Kirche Sargenzell und legt eine weiße Bohne nach der anderen an den Rand des 4,15 mal 8,60 Meter großen Früchteteppichs. Der Rahmen soll wie im vergangenen Jahr zum Bild passen und besteht diesmal aus Sand und Muscheln.
Eine Herausforderung sei diesmal die Farbe des Meeres: „Die Schattierungen des Wassers in verschiedenen Grau- und Blautönen waren nicht einfach hinzukriegen. Wir haben leider nicht so viel Blau, weil Rittersporn und Hibiskus im Augenblick Mangelware sind. Dafür haben wir ein tolles Rot aus Rote Beete für die Gewänder mischen können“, erklärt Heike Richter an ihrem „Mischpult“ mit unzähligen Schälchen und sorgt mit gemahlenem Milchreis dafür, dass das intensive Rot eine hellere Farbe bekommt.
Wie im vergangenen Jahr wird die Vorlage des Früchteteppichs als handliches Bild im Kleinformat verlost. „Das Bild wird während der Ausstellung im Altarraum zu sehen sein. Nach Ende der Ausstellung wollen wir es versteigern und den Erlös dem Förderverein Alte Kirche Sargenzell zukommen lassen“, erläutert die Künstlerin.
Bis zu fünf Helferinnen gleichzeitig sind in der Kirche und legen mit Löffelchen oder Pinzette die Körner aus. Dabei ist es meist still im Raum. „Das ist wie Meditation. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, vom Stress runterzukommen“, findet Heike Richter.

Die Ausstellung ist ab Samstag, 3. September bis Mittwoch, 2. November 2022 täglich von 10.30 bis 16.30 Uhr geöffnet. Es sind immer ehrenamtliche Helfer anwesend, die den Besuchern das Bild erklären und Fragen beantworten. Anmeldungen unter Tel. (06652) 180195 oder (06652) 793859. Es wird darum gebeten, dass sich Busreisende und Gruppen anmelden. Busunternehmen wählen meist die Zeit zwischen 13 und 15 Uhr. Privatpersonen wird empfohlen, diese Stoßzeiten zu meiden.