Fulda | Land und Bund fördern Glasfaserausbau mit millionenschwerem Förder-Paketen

Gigabit für alle – Osthessen rückt Traum ein Stück näher


Ob beim Jubiläum „200 Jahre Landkreis Fulda“, der Übergabe eines Förderbescheides über 49,1 Millionen Euro durch die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Daniela Kluckert (FDP), an Landrat Bernd Woide (CDU) oder in Kommunen wie Bad Salschlirf, in denen private Anbieter wie etwa Telekom-Tochter GlasfaserPlus den Ausbau der Glasfaserversorgung mit bis zu 1 Gigabit pro Sekunde direkt in die Häuser hinein vorantreibe: Immer öfter fällt das Schlagwort „Gigabit-Gesellschaft“. Aber was steckt dahinter?

Von Mirko Luis

Leistungsfähige digitale Infrastruktur



Experten zufolge steckt dahinter unter anderem das Erfordernis einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur, welche den Austausch von großen Datenmengen bei hoher Datenübertragungsgeschwindigkeit gewährleistet. „Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, Glasfaser zu haben“, sagt Landrat Bernd Woide mit Blick auf das Thema Homeoffice. Darüber hinaus benötige heute jeder Handwerksbetrieb, der Angebote schreibe oder Statiker berechne, einen Breitbandanschluss. „Es geht“, sagt Woide, „in alle Lebensbereiche hinein.“ Umso glücklicher zeigte sich Woide über den von Staatssekretärin Daniela Kluckert (FDP) mitgebrachten Förderbescheid in Höhe von 49,1 Millionen Euro aus dem Bundesprogramm „Graue Flecken“. Damit sollen jene Orte versorgt werden, in denen die Übertragungsleistung derzeit noch unter 100 Megabit pro Sekunde liegt.



Landkreis plant vorerst mit Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro



Woide zufolge plant der Landkreis Fulda ein fraglos beachtliches Investitionsvolumen in Höhe von 100 Millionen Euro für die Versorgung der derzeit förderfähigen „Grauen Flecken“ ein. Auch für Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ist klar: „Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eine zentrale Säule, um die Attraktivität der ländlichen Räume weiter zu steigern.“ 40 Millionen Euro steuert das Land Hessen für das Programm in Osthessen bei. Nach Angaben des Regierungssprechers sollen damit bis zu 14.500 Haushalte und 2200 Gewerbebetriebe an das schnelle Netz angebunden werden. Die Teilhabe am technologischen Fortschritt, so der hessische Ministerpräsident, dürfe keinesfalls vom Wohnort abhängen.

 

Chancengleichheit durch flächendeckende Breitbandversorgung



Gute Bildung zu vermitteln, Ausbildung zu fördern und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, all dies wird in der „Gigabit-Gesellschaft“ noch bessere Voraussetzungen bekommen, weil durch den flächendeckenden Charakter der Investitionen Chancengleichheit geschaffen wird. Dennoch ist Geduld gefragt. „Wer das Thema Breitbandversorgung angeht, der muss einen langen Atem haben. Das wissen wir“, sprach Landrat Woide auf der Pressekonferenz mit der aus Berlin angereisten Staatssekretärin deutliche Worte. Bei Buchungen von größeren Bandbreiten nehme er derzeit noch eine größere Zurückhaltung wahr. Vor diesem Hintergrund brachte er den Appell an die Bevölkerung an, die sich durch den technischen Fortschritt ergebenden Angebote in Form entsprechender Leistungstarife auch zu nutzen. Schließlich würden ja auch immer höhere Datenmengen übertragen. Bei der Stromversorgung wähle man ja schließlich auch nicht den niedrigsten Tarif.


Zweitgrößtes Förderprojekt in Hessen

Durch den mittlerweile dritten Förderbescheid werden dem Vernehmen nach rund 31.500 Gigabit-Anschlüsse gefördert. Bei dem Vorhaben, für das sich bereits die öffentlichen Ausschreibungen in Vorbereitung befinden, handelt es sich um das zweitgrößte Förderprojekt in Hessen. Das bisher Erreichte sei ein Beweis dafür, dass das Bundesprogramm wirke, dass es umgesetzt und daran weitergearbeitet werde, so Diplom-Volkswirtin Daniela Kluckert, die in Niedersachsen aufwuchs und Volkswirtschaftslehre an der Julius-Maximilians-Universität und der Freien Universität Berlin studierte. Ziel sei eine flächendeckende Glasfaserversorgung mit bis zu 1 Gigabit pro Sekunde direkt in die Häuser für jeden Haushalt in Deutschland bis 2030. Um dieses auch die Bereiche Verkehr, Mobilität, Wirtschaft und Verwaltung stärkende Ziel zu erreichen, müsse der eigenwirtschaftliche Ausbau gestärkt werden. Viele Dinge, die heute noch analog liefen, würden künftig digitaler – ein Beispiel hierfür seit etwa die Gesundheitsversorgung, in der sich Telemedizin etabliere. „Dort, wo es sich lohnt, muss die Privatwirtschaft investieren“, so Kluckert. Wobei die Genehmigungsverfahren für den Ausbau schneller vonstatten gehen müssten. Die Kommunen müssten dort unterstützen, wo der privatwirtschaftliche Ausbau nicht funktionieren. Wobei ihr klar sei, dass es in Deutschland nicht mehr nur einen Fachkräftemangel, sondern „einen Kräftemangel an allen Ecken und Enden gebe“.

Aktuell läuft noch die Markterkundung



„Wir hoffen, dass wir in fünf, sechs Jahren das Gros des Ausbaues abgeschlossen haben werden und die schwer verschließbaren Einzellagen dann innerhalb kürzester Zeit nachschieben können“, sagt der Breitband-Beauftragte des Landkreises Fulda, Christof Erb. Aktuell liefe noch die Markterkundung, erst danach kenne man die genaue Zahl der Anschlüsse, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden und für die Personal, Arbeitsgeräte für den Tiefbau und Material disponiert werden müssen. 100 Millionen Euro unter die Erde zu bringen, sei schon eine enorme Herausforderung. Das sehe man allein schon an der Zahl von 3400 Kilometern für Tiefbauarbeiten. Ob die Summe von 100 Millionen Euro am Ende ausreiche, werde man sehen. Man werde in jedem Fall am Ball bleiben und weitere Förderanträge stellen. Erb zufolge sind die Stadtregionen bereits gut versorgt. Es sei klar erkennbar, dass das aktuelle Förderprogramm für die ländlichen Räume gestrickt sei. Wenn alles gut laufe, so die Prognose von Erb, rolle der erster Bagger noch in diesem Jahr, wahrscheinlicher sei aber das Jahr 2023. Zuvor, wenn die Ausschreibungsergebnisse vorlägen, müsse mit dem Partner, der den Ausbau vornimmt, eine detaillierte Tiefbauplanung erfolgen. Mit Blick auf den Breitbandausbau in der jüngeren Vergangenheit lobte Christoph Erb seinen Verwaltungschef Bernd Woide. „Wenn er nicht der Treiber gewesen wäre, sähe es vielleicht aus wie in anderen Landkreisen.“

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Michael Brand: „Der nicht angeschlossen ist, der ist abgehängt“



Nach den Worten von Bundestagsabgeordneten Michael Brand (CDU) ist es das mittlerweile dritte Förderprogramm, von dem der Landkreis Fulda beim Ausbau schneller Internetanschlüsse profitiert. Dies liege an der guten Vorarbeit des Landrates und des Breitbandbeauftragten. Für Michael Brand ist das Thema Breitband ein Beispiel, wie Kommune, Land und Bund Mammutaufgaben gemeinsam stemmen können. „Der nicht angeschlossen ist, der ist heute abgehängt“, so Brand. Für den Landkreis Fulda habe sich rentiert, eine Führungsrolle zu übernehmen. Ohne Unterstützung des Bundes hätte er allerdings nicht in dem Tempo vorangehen können.