Fulda | Frauenberg-Kooperation von Franziskanern und antonius macht Hoffnung für die Zukunft

Berg voller Herausforderungen


Er ist Ort der Spiritualität und zugleich das Wahrzeichen der Stadt Fulda – der Frauenberg. Um ihn als geistliches Zentrum dauerhaft zu erhalten, benötigen die Franziskaner aufgrund der kostenintensiven Unterhaltung der Klosteranlagen eine Mitträgerschaft. Als zielführende Lösung wird eine Trägerstiftung unter Führung der Stadt Fulda sowie unter Beteiligung des Landkreises Fulda, des Bistums und der gemeinnützigen Stiftung antonius anvisiert.

Von Mirko Luis

Wie Rainer Sippel, Stiftungsratsvorsitzender der Bürgerstiftung „antonius : gemeinsam Mensch“, diese Woche auf eine Pressekonferenz auf dem Frauenberg auf Marktkorb-Nachfrage bestätigte, wurden zwar bereits Gespräche zu einer solchen Trägerstiftung geführt, allerdings befinde man sich aktuell noch in einem „Vorstadium“. Zwar lebten und wirkten Brüder des weltweiten Franziskaner-Ordens seit 785 Jahren in Fulda und seit 399 Jahren auf dem Frauenberg. Jedoch sei „die Zukunft nicht in Stein gemeißelt“, sagte Sippel. Diese Aussage hat einen Hintergrund, der allen historisch Bewanderten bekannt sein dürfte: So hatte der Fürstabt die Franziskaner 1623 auf den Frauenberg geschickt mit den Worten: Hier bleibt ihr, bis sich etwas Besseres findet.“ Eine feste Bindung an den Ort besteht also nicht. Die Franziskaner, denen vom Bischöflichen Stuhl als dem Eigentümer der Klosteranlage das Nutzungsrecht übertragen ist, tragen bis heute allerdings allein die Baulast der Gebäude.

Entscheidung der Franziskaner fällt nicht direkt nach Pfingsten

Pater Dr. Cornelius Bohl, Provinzialminister der Franziskaner, relativierte zu Wochenbeginn Spekulationen, dass in Niedersachsen eine Entscheidung falle, den Frauenberg aufzugeben. Zwar wählt der Orden nach Pfingsten in Ohrbeck bei Osnabrück die neue Provinzialleitung und will dabei auch die Weichen für die Zukunft stellen. Bei dem Provinzkapitel würden jedoch lediglich „Grundlinien“ und eine „Roadmap“ festgelegt und nicht über einzelne Orte entschieden, da diesbezügliche Fragen viel zu komplex seien. Entscheidungen zu treffen, sei Aufgabe der Provinzleitung und verschiedener Beratungsgremien, die solche Prozesse begleiteten. Zunächst einmal sei man weitere fünf Jahre an einen Kooperationsvertrag mit antonius gebunden. „Was danach kommt, weiß ich auch nicht“, gestand Bohl offen ein. Angaben von Bohl zufolge war der genannte Vertrag am 29. Juni 2016 unterzeichnet und auf zehn Jahre befristet worden. Seither, so Bohl, sei auf dem Frauenberg viel Gutes geschehen. „Der alte Berg hat ein neues und lebendiges Gesicht bekommen“, sagte er.

 

„Halbzeitbilanz“ des Erfolges

Franziskaner und antonius zogen jetzt offizielle „Halbzeitbilanz“. Auf beiden Seiten herrscht Einigkeit, dass es sich um ein Erfolgsprojekt handelt. „Aus dem Ort der Spiritualität ist auch ein Lernort der Inklusion geworden“, sagte Rainer Sippel. Ob im Klostercafé FLORA, im Tagungshaus, in der Schneiderei oder im Klostergarten: Von 2017 bis heute sind 114 Arbeitsplätze auf dem Frauenberg entstanden (46 Mitarbeitende mit Behinderungen und 68 Mitarbeitende ohne Behinderung). „Wir haben Spenden gesammelt und darüber 1,5 Millionen Euro in den Inklusionsbetrieb investiert“, ergänzte Sippel. „Was wir hier oben tun, ist nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich und leistet einen wichtigen Beitrag zur Deckung der Betriebskosten“, betonte er. Durchschnittlich 200 Gäste besuchen täglich das Klostercafé FLORA, das mit Hilfe von Spenden errichtet wurde. Veranstaltungen rund ums Jahr laden die Bürgerinnen und Bürger ein, „ihren Frauenberg“ als Ort der Begegnung und Spiritualität zu erleben.

Dialog auf Augenhöhe zwischen beiden Partnern

Michaela Lengsfeld, Prokuristin der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch, nannte viele weitere positive Aspekte. So befinde man sich mit den Franziskanern in einem „Dialog auf Augenhöhe“, feiere gemeinsam Gottesdienste, partizipiere von der Weltoffenheit der Franziskaner und nehme wertvolle Impulse hiervon mit, um selbst Türen in der Welt der Inklusion zu öffnen.

Prüfregeln für Veranstaltungen: „geistlich, gastlich und gemeinsam (inklusiv)

Die Franziskaner und antonius verbindet mittlerweile eine rund 120-jährige Zusammenarbeit. Seit 1908 waren 21 Brüder seelsorgerisch bei antonius tätig. In der Gegenwart kommen Pater Thomas und seine Mitbrüder täglich zu antonius und leisten im gesamten Netzwerk seelsorgerische Arbeit, feiern Gottesdienste, führen persönliche Gespräche und geben wertvolle Impulse. Ein Aushängeschild sind die viel besuchten Hoch-oben-Gottesdienste, die eine lebendige Kirchengemeinschaft erfahrbar machen. Veranstaltungen rund ums Jahr laden die Bürgerinnen und Bürger ein, „ihren Frauenberg“ als Ort der Begegnung und Spiritualität zu erleben. Als Prüfkriterien gelten: Jedes Angebot muss „geistlich, gastlich und gemeinsam (inklusiv)“ sein. Pater Dr. Cornelius Bohl wünscht sich „eine gute Synthese zwischen Kloster und geistigem Ort und Ort, der sich öffnet.“ Eine „Event-Location“ wolle man nicht sein.

Förderverein „Freunde des Frauenbergs“ sehr engagiert unterwegs

Einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des Frauenbergs leistet der Förderverein „Freunde des Frauenbergs“, der Brücken in die Fuldaer Bürgerschaft baut, um das Kloster Frauenberg nachhaltig zu fördern. 190 Fuldaerinnen und Fuldaer sind bereits Mitglied. Aus Sicht von Christoph Jestädt (Vorstand Freunde des Frauenbergs) wäre es schön, wenn noch mehr Bürgerinnen und Bürger ihre Verbundenheit mit dem Frauenberg zeigen. Sie könnten genau dies mit einer Mitgliedschaft symbolisieren. Der Förderverein wolle dazu beitragen, dass der Frauenberg auch für künftige Generationen als offener Ort der Begegnung und der Prägung, die er habe, erhalten bleibe.

ZAHLEN, DATEN, FAKTEN


– 9 Franziskaner-Brüder leben im Kloster Frauenberg
– seit Juli 2017 gab es 60 Hoch-oben-Gottesdienste mit insgesamt mehr als 10.000 Gästen
– 190 Mitglieder engagieren sich beim Verein „Freunde des Frauenbergs“
– das Tagungs- und Gästehaus hat 30 Zimmer mit 41 Betten sowie 4 Seminarräume für bis zu 90 Personen, die Auslastung liegt bei 90 Prozent
– aktuell haben 10 Geflüchtete aus der Ukraine ein Zuhause auf dem Frauenberg gefunden