Fulda | Ukraine-Krieg dämpft Konjunkturerwartungen in Osthessen deutlich

Lichtblick im Gastronomie-Bereich und im Handel

Auf der einen Seite eine relativ gute Wirtschaftslage, auf der anderen Seite ein relativ düsterer Ausblick in die Zukunft: Ein solcher Kontrast zwischen derzeitiger Geschäftslage und den Erwartungen für die Zukunft ist selbst für Michael Konow, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda, neu.

Von Mirko Luis

Vor allem in der Gastronomie sehe es „deutlich besser“ aus als noch vor ein paar Monaten, erklärte Konow auf einer Pressekonferenz, bei der die aktuellen Ergebnisse der zweiten Konjunkturumfrage 2022 präsentiert worden. Habe sich der Geschäftsklimaindex in der Gastro-Branche zu Jahresbeginn mit 41,6 Punkte auf einem „miserablen Niveau“ bewegt, sei der Wert binnen weniger Monate auf aktuell 101,6 Punkte geklettert. Hier würden sich unter anderem die Corona-Lockerungen widerspiegeln. „Die Erwartungen sind verdammt gut“, so Konow. Allerdings handele es sich um eine „Momentaufnahme“.

 

Wie sich die Lage bei möglichen weiteren Preissteigerungen entwickeln, müsse abgewartet werden. Unterdessen seien die Erwartungen der Wirtschaft für die Zukunft deutlich eingetrübt. Konow zufolge erwartet circa ein Drittel der osthessischen Unternehmen, dass sich die Lage in den nächsten Monaten verschlechtern wird. Im Januar, als es noch kein Kriegsgeschehen gegeben habe, habe das noch ganz anders ausgesehen.

Die den Umfrageergebnissen zugrunde liegenden Daten wurden nach Angaben der IHK Fulda zwischen dem 18. April und 5. Mai dieses Jahres erhoben und liefern ein repräsentatives Stimmungsbild. Den Angaben zur Methodik der Befragung zufolge handelt es sich um eine Stichprobe von 150 Unternehmen aus dem gesamten Landkreis Fulda sowie aus allen wesentlichen Wirtschaftszweigen

„Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hinterlässt erste Spuren in der Konjunktur der Region Fulda. Allerdings sorgt die deutliche Entspannung bei der Corona-Pandemie auch für Lichtblicke in einzelnen Branchen“, fasste Michael Konow die Ergebnisse der jüngsten Umfrage zusammen


Aktuelle und zukünftige Geschäftslage

Die derzeitige Geschäftslage wird laut der Zahlen der IHK Fulda von 54 Prozent der Unternehmen als „befriedigend“ bezeichnet. Von einer „schlechten Lage“ sprechen rund 16 Prozent – also fast jedes sechste Unternehmen. Im Januar hatte dieser Wert allerdings noch bei knapp 18 Prozent gelegen. Der Anteil der Unternehmen mit einer „guten aktuellen Geschäftslage“ ist dagegen mit 30 Prozent (Januar 2022: 31 Prozent) annähernd konstant. Die Erwartungen haben sich per Saldo allerdings deutlich eingetrübt: So erwarten 30 Prozent der Firmen „eine schlechtere Lage“ (Januar 2022: 19 Prozent). 53 Prozent der heimischen Unternehmen gehen indes von einer „konstanten Geschäftslage“ aus; im Januar 2022 waren 57 Prozent dieser Ansicht. Die Bewertung der derzeitigen und die Einschätzung der zukünftigen Geschäftslage ergibt, dass der Geschäftsklimaindex von 109,8 auf 99,6 Punkte gesunken ist.


Lage bei Industriebetrieben robust

Je nach Branche gibt es deutliche Unterschiede bei der Konjunktureinschätzung. Bei den Industriebetrieben ist die aktuelle Lage robust, allerdings hat sich der Ausblick stark verschlechtert. Von einer schlechten aktuellen Geschäftslage sprechen rund drei Prozent der befragten Industriebetriebe (Januar 2022: zwei Prozent). Von einer guten Situation berichten 48 Prozent (Januar 2022: 47 Prozent). 61 Prozent der Industriebetriebe gehen in den kommenden Monaten von einer in etwa gleichbleibenden, drei Prozent von einer eher günstigen sowie 36 Prozent von einer eher ungünstigeren Geschäftslage aus. Insgesamt ist der Geschäftsklimaindex der Industrie von 130,8 auf 99,2 Punkte eingebrochen. Im Handel hingegen stieg er von 95,6 auf 106,9 Punkte an.
Gleichbleibende Beschäftigung erwartet

Dem Zahlenwerk zufolge weiterhin hoch ist die Investitionsbereitschaft: 21 Prozent (Januar 2022: 20 Prozent) der befragten Unternehmen haben ihre Investitionsabsichten reduziert. Von steigenden Investitionen gehen 31 Prozent (Januar 2022: 34 Prozent) der Betriebe aus. Hauptmotive für Investitionen sind Ersatzbedarf (77 Prozent) und Rationalisierung (31 Prozent). Die Zahl der Firmen, die von einem Beschäftigungsabbau ausgehen, hält sich die Waage mit den Betrieben, die zusätzliche Beschäftigung planen (jeweils 12 Prozent). 24 Prozent der außenwirtschaftlich tätigen Unternehmen rechnen mit steigenden Exporten (Januar 2022: 29 Prozent), 57 Prozent mit gleichbleibendem Volumen (Januar 2022: 62 Prozent) und 19 Prozent mit sinkenden Exporten (Januar 2022: 9 Prozent).
Als größte Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung werden steigende Energie- und Rohstoffpreise (79 Prozent), der Fachkräftemangel (64 Prozent), sich verschlechternde wirtschaftliche Rahmenbedingungen (49 Prozent) und eine schwindende Inlandsnachfrage (44 Prozent) von den Betrieben bewertet. Die aktuelle Finanzlage bezeichnen dagegen rund 71 Prozent der befragten Unternehmen als unproblematisch, 17 Prozent berichten von einem Eigenkapitalrückgang jedoch ist keines von einer Insolvenz bedroht.


Kostenerhöhungen werden weitergegeben

52 Prozent der Unternehmen haben die Kostenerhöhungen bereits an ihre Kund:innen weitergegeben. Weitere 34 Prozent beabsichtigen, dies in näherer Zukunft zu tun. Vier Prozent der Unternehmen planen keine Weitergabe der Kostenerhöhungen, weitere sieben Prozent haben noch keine Entscheidung getroffen und nur zwei Prozent der befragten Unternehmen sind aktuell nicht von nennenswerten Kosten- und Preissteigerungen betroffen.

„„Gesamtwirtschaftlich beobachten wir derzeit zwei gegenläufige Phänomene: Auf der einen Seite wirkt sich das weitgehende Ende der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie positiv auf die konjunkturelle Lage, insbesondere in den vormals stark betroffenen Branchen Handel und Gastgewerbe aus. Auch ist die derzeitige Lage über alle Branchen hinweg gut. Andererseits sorgt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine für enorme Preissprünge bei Rohstoffen und Energie sowie für Störungen in den Lieferketten. Die weitere regionale wirtschaftliche Entwicklung hängt stark davon ab, wie lange der Krieg andauern wird und wie schnell es gelingt, sich von der russischen Wirtschaft zu entkoppeln und zu welchem Preis“, so Michael Konow abschließend.