Region | Zehnteilige Unterstützer-Serie „Gastgeber mit Herz“

Offensive für das Gastgewerbe

Restaurants, Gaststuben und Hotels sind eine wichtige Heimstätte des gesellschaftlichen Lebens. Doch die Branche bangt ums Überleben. Marktkorb und Gastronomiebranche starten heute deshalb die Initiative und Unterstützer-Serie „Gastgeber mit Herz“. Mit im Boot sind der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und der Verbund „Rhöner Charme“.

Von Mirko Luis

Die Idee ist zum einen, auf die hohen Gastgeber-Qualitäten von Gastro-Betrieben in unserer Region hinzuweisen. Zum anderen soll mit breiter Brust für die Attraktivität von Berufen wie beispielsweise Koch/Köchin, Restaurantfachfrau/-mann oder Hotelkauffrau/-mann geworben werden. Geplant ist eine zehnteilige Serie. Alle 14 Tage erfahren Leserinnen und Leser, was die heimische Gastronomie so unverwechselbar und herzlich macht. Die Serie verfolgt einen breiten Ansatz: Gastronomen, Hoteliers, Lieferanten, Stiftungen, Verbände, Wirtschaftsförderer und Marketingspezialisten stellen hierin ihr Business und ihre Visionen vor.

Umfragen zufolge, so die Ausgangslage, sehen derzeit 60 Prozent der Betreiber von Kneipen, Bars, Restaurant und Hotels die Coronakrise als Existenzbedrohung. Hinzu kommt, dass sich der zuvor schon bestehende Personalmangel in der Gastronomie verstärkt hat.

„Wir können nur hoffen, dass die Politik einlenkt und bald wieder alle Gäste zu Ihnen in die Gaststätten kommen dürfen“, so Haldun Tuncay, Geschäftsführer der Mediengruppe Parzeller, anlässlich einer Diskussionsrunde von Teilnehmenden der Aktion im Verlagshaus Parzeller. Tuncay bestärkte die Anwesenden in ihrer Absicht, eigeninitiativ zu agieren und sich nicht auf die Politik zu verlassen.

 

„Wir hören immer wieder: Uns fehlen die Fachkräfte, uns fehlt die Perspektive, die Leute gehen weniger essen und halten sich zurück. Deshalb wollen wir etwas für die Gastro-Branche tun, ihr unsere Wertschätzung entgegenbringen und eine geeignete Plattform bieten“, erklärte Ideengeber Thomas Kirchhof, Prokurist des Verlags Parzeller und Verlagsleiter der Mediengestaltungs- und Vermarktungs GmbH (MGV) Fulda.

„Wir kümmern uns seit zwei Jahren fast um nichts anderes mehr als die Anliegen von Gastronomen und versuchen, bei der Landesregierung das Beste herauszuholen“, berichtete Hotelier Steffen Ackermann, Vizepräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Hessen. Er freue sich, dass ein Verlagshaus in der Region die Initiative ergriffen habe, der man sich als Verband gerne anschließe, „weil die Thematik ländliche Gastronomie einfach wichtig ist“. Parallel finde der Wettbewerb „Die besten Dorfgasthäuser in Hessen“ statt, dessen finale Veranstaltung im Juni im Landkreis Fulda stattfinde.

„Die Menschen wollen rausgehen“

Die Menschen wollen rausgehen, einander treffen und das urbane Leben genießen. Das haben Corona und die Einschränkungen uns deutlich gemacht. ‚Gemeinsam handeln‘ sind daher die beiden Zauberworte“, sagt Edi Leib vom Citymarketing. Denn nur mit allen relevanten Stakeholdern könnten die aktuellen Herausforderungen von Gastronomiebetrieben und Innenstädten gemeistert werden. „Dass das City Marketing die Initiative unterstützt, ist selbstverständlich“, so Leib.

Mit dem Citymarketing d’accord geht Ulrich Klesper, Geschäftsführer der Hochstiftliches Brauhaus Fulda GmbH. „Die Gastronomen haben während der letzten zwei Jahre leider eine sehr schwierige Zeit durchmachen müssen. Jetzt geht es darum, einen starken ‚Neustart‘ zu schaffen und sich gut für die Zukunft aufzustellen. Daher unterstützen wir diese Initiative als enger regionaler Partner der Gastronomie sehr gerne“, betonte er.

„Wir finden sehr schön, dass es diese Initiative gibt“, lobte Natalie Schindel, Marketingmanagerin und Gesellschafterin von Getränkeproduzent RhönSprudel. Ihr Unternehmen sei von der Pandemie natürlich auch betroffen. „Allerdings haben wir das große Glück, dass wir noch weitere Kanäle haben, um unsere Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen.“ Doch deswegen sei man nicht gekommen. Vielmehr freue sie sich auf die Ausarbeitung von Ideen, um sich gemeinsam für die Zukunft auszurichten.

„Wie die Steine gehört die Gastronomie zur Rhön“

„Ich sage immer: Wie die Steine so gehört auch die Gastronomie zur Rhön. Ohne Gastronomie bricht alles zusammen“, verdeutlichte Regionalmanager Christoph Burkard. Er sieht die Gefahr, dass in Bedrängnis geratene Gastronomen über Nacht einfach aufhören. Dies wiederum sei eine reale Bedrohung für die gesamte Tourismuslandschaft, die ohne Gaststätten und Hotels zu veröden drohe.

„Jeder Lockdown heißt für uns Stillstand. Für uns ist es enorm wichtig, dass Hotellerie und Gastronomie wieder zum Laufen kommen und Gäste haben“, unterstrich Jerome Diener, Geschäftsführer der Wäscherei Diener. 90 Prozent der Kunden kämen aus der Hotelbranche. Trotz massiver Auftrags-Einbrüche habe man den Wäschereibetrieb aufrechterhalten können. Das Personal zu halten sei keine leichte Aufgabe.

Benjamin Kehl: Wir haben einen sozialen Auftrag

„Ich würde jeden in der Runde gerne mal einladen, bei einem Telefonat für eine Tischreservierung dabei zu sein“, ging Benjamin Kehl, Vorstandsmitglied der Initiative „Rhöner Charme“ und Geschäftsführer vom Landhaus Kehl in Lahrbach“, auf den Regel-Wust ein. Trotz der Belastungen im Kopf hätten sich die Betriebe des „Rhöner Charme“ den Herausforderungen immer wieder gestellt – mit der Familie als wichtigster Stütze. „Das ist aller Ehren wert.“ Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen spürten Mitarbeitende in der Gastronomie direktes Feedback durch den Gast. „Ich weiß dann direkt, wenn ich etwas gut gemacht habe. Gerade in der schnelllebigen Zeit von heute gehe es um Werte. „Überdies hinaus haben wir einen sozialen Auftrag“, so Kehl mit Blick auf den Austausch von Menschen. Der passiere nun einmal nicht in der Garage, sondern am Stammtisch, „wenn man unabhängig von der politischen Orientierung zusammen sein Bierchen trinkt.“

„Ob Brauerei, Mineralwasser-Produzent oder Wäscherei; Wenn wir nicht so starke Partner hätten, wären wir nicht da, wo wir sind“, beschrieb Marc Zuspann, Spitzen-Caterer und Inhaber der Waldgaststätte Praforst, einen regionalen Trumpf. Nicht nur bei regionalen Events, sondern auch bei überregionalen Veranstaltungen könnten sich er und andere Gastronomen zu 100 Prozent auf zuverlässige Lieferanten verlassen.

Stammgäste halten die Treue

Zuspann ist sich sicher, dass die hohe Professionalität der Gastronomen von der Bevölkerung registriert wird. „Wir spüren das bei denen, die kommen und sich bei uns wohlfühlen. Sie bestätigen uns immer wieder, dass es gut ist, was wir machen. Leider sind es fast immer nur dieselben – es ist das Stammgastportfolio, das zu uns hält“, beschreibt Zuspann die Situation.
„Mit der wärmeren Jahreszeit gehen wir einen großen Schritt in Richtung Normalität, aber was der nächste Herbst bringen wir, wissen wir nicht.“ Wichtig sei, etwas fürs Berufs-Image zu tun und Nachwuchstalente mit Leidenschaft zu gewinnen – ganz egal ob für einen Job im Restaurant, in der Küche oder an der Rezeption. „Das sind gute Jobs.“

Corona-Pandemie als Herausforderung

„Die letzten beiden Jahre waren mit Herausforderungen gespickt. Ein Wechselbad zwischen Öffnen und Schließen, zwischen verschiedenen Regularien und Maßnahmen und zwischen Buchungen und Stornierungen“, berichtet Anja Lindner, Geschäftsführerin der Initiativen des LindenGuts, der ein Bio-Hotel, das Bio-Catering Bankett, eine Demeter Landwirtschaft, ein Bio-Hofladen und einige weitere Unternehmensbereiche angehören.

Lindner und ihr Mann Wolfgang Gutberlet wurden aktiv und prüften neue Konzepte wie das To-Go-Geschäft oder Speisenboxen. Daraus entstand auch eine Bio-Fastenbox für zu Hause. Bio-Convenience-Produkte im Glas wurden kreiert sowie eine Nudelmanufaktur und der LindenGut Hofladen eröffnet. Der Verkauf wird zusätzlich durch einen Online-Shop und ein Verkaufsmobil unterstützt. Lindner und Gutberlet sind überzeugt, dass die selbst erzeugten, verarbeiteten und vertriebenen Bio-Lebensmittel wie Fleisch, Brot, Nudeln, Gemüse und Obst dem Unternehmen und den Mitarbeitern durch diese Zeit halfen. Lindner hofft: „Schöner ist es natürlich, wenn Gäste im Haus sind oder wir andere Orte mit unserem Bio Catering verzaubern können.“

„Die Menschen wollen rausgehen, einander treffen und das urbane Leben genießen. Das haben Corona und die Einschränkungen uns deutlich gemacht. ‚Gemeinsam handeln‘ sind daher die beiden Zauberworte. “ Edi Leib, Citymarketing Fulda