Fulda | Benediktinerinnen-Abtei übergibt Nachlass von Schwester Lioba Munz an die Stadt Fulda

Das Vermächtnis der Kulturpreisträgerin

Der umfangreiche und sowohl künstlerisch als auch zeitgeschichtlich überaus wertvolle Nachlass der Fuldaer Künstlerin Lioba Munz OSB hat eine neue Heimat gefunden: Die Benediktinerinnen-Abtei St. Maria Fulda, wo Lioba Munz (1913-1997) gut sechs Jahrzehnte ihres Lebens als Ordensschwester verbrachte, übergab der Stadt Fulda 115 Werk-Objekte sowie Entwurfszeichnungen, Skizzenbücher, Fotografien und diverse weitere Dokumente als Dauerleihgabe. Die Erinnerung an diese außergewöhnliche und charismatische Künstlerpersönlichkeit soll durch den Nachlass in besonderer Weise wachgehalten werden.

Bei der symbolischen Übergabe des Nachlasses durch Äbtissin Benedikta Krantz OSB an Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und an Stadtarchivar und Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler dankte der OB für das große Vertrauen, das der Konvent in einer für den Orden so wichtigen Angelegenheit der Stadt Fulda und ihrem Stadtarchiv entgegenbringe. Die Stadt werde den Nachlass einer der bedeutendsten religiösen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und Fuldaer Kulturpreisträgerin sorgsam verwahren, wissenschaftlich weiter aufbereiten und in regelmäßigen Abständen auch der Öffentlichkeit präsentieren, versprach der OB. Wingenfelds besonderer Dank galt in diesem Zusammenhang Franziska Ihle-Wirth, die den Nachlass im Auftrag der Schwestern aufwendig gesichtet und umfangreich dokumentiert hatte.
Äbtissin Benedikta betonte, sie wisse die Kunstgegenstände und Dokumente im Vonderau-Museum und beim Stadtarchiv in guten Händen. Der Orden habe sich schweren Herzens von dem Gebäude in der Schulstraße getrennt, in dem sich jahrzehntelang die Atelierräume von Lioba Munz und ihren ebenfalls künstlerisch und kreativ begabten Helferinnen aus der Abtei befand. Ein großer Teil des Nachlasses war hier aufbewahrt worden. In Zukunft soll dort und in einem Anbau das Gemeindezentrum der Innenstadtpfarrei entstehen. „Nachdem vor wenigen Jahren auch die letzte der engen Mitarbeiterinnen Munz’ verstorben war, haben wir uns im Konvent Gedanken gemacht, wie es weitergehen kann und wo der Nachlass am besten aufgehoben wäre“, erläuterte die Äbtissin. Im Kloster selbst erinnern noch zahlreiche Werke an die 1997 verstorbene Ordensfrau: Keramiken, Kreuze, Glasfenster und liturgische Geräte … auch der gesamte Innenraum der Nonnenkirche trägt ihre künstlerische Handschrift. Bis heute lassen sich die Schwestern im Gebet und bei der Meditation von der theologischen Tiefe und dem ungewöhnlichen Farbspektrum der Arbeiten inspirieren.
Bei den jetzt an die Stadt übergebenen Stücken handelt es sich um 115 Werk-Objekte, bestehend aus Keramikarbeiten, Goldschmiedearbeiten, Emaillearbeiten, Malerei und Grafiken (vorwiegend Kohlezeichnungen). Dazu gehören auch Arbeitsmaterial und -gerät, ihr Werktisch etc.
Darüber hinaus gehören zum übergebenen Bestand ihre umfangreichen Entwurfszeichnungen (104 Mappen), Skizzenbücher und Alben (27 Stück), großformatige Abzüge ihrer Fotografien der eigenen Werke sowie Kunstsammlungen (27 Mappen und 47 Alben). Auch Reisefotografien und die Veröffentlichungen ihres grafischen Werks sowie Ausstellungskataloge gehören dazu.
Übergeben wurden außerdem in 63 Archivkartons Dokumente wie Korrespondenzen mit Auftraggebern, Kalender und Arbeitsbücher, kleinformatige Entwürfe, Fotografien, Vorträge, Presseberichte, Belegexemplare, Fachliteratur sowie zahlreiche Dias und Negative, die bereits zur Archivierung im Stadtarchiv vorbereitet wurden.
Die Restauratorin und Dokumentarin Ihle-Wirth, die sich mit dem Werk und dem Nachlass der kreativen Benediktinerin intensiv beschäftigt hat, meint zur Einordnung ihrer künstlerischen Bedeutung: „Bei vielen etwa ab 1960 entstandenen Stücken handelt es sich um Auftragsarbeiten zur Ausstattung von Kapellen, aber vor allem von Großstadtkirchen in der ganzen Bundesrepublik und darüber hinaus. Die im Krieg zerstörten Kirchen und die wachsenden Gemeinden machten zahlreiche Neubauten erforderlich – und so auch die dazugehörige Ausstattung. Die meist sehr moderne, experimentelle Architektur suchte förmlich die ebenso experimentellen und doch in ihre Farb- und Ausdrucksstärke zeitlosen, neue und alte Elemente kongenial verknüpfenden Arbeiten der bald weithin bekannten Künstlerin.“