Petersberg | Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld begrüßt Özdemir-Kurs

„Bauern sind Garant für Wohlstand“

Die Ankündigung vom neuen Bundesagrarminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), in der zukünftigen Agrarpolitik mehr Wertschätzung für Lebensmittel und die Arbeit der Bauern zu Leitplanken des Handelns zu machen, begrüßt der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes (KBV) Fulda-Hünfeld, Sebastian Schramm.

Von Mirko Luis

„Jetzt muss man sehen, wie weit sich die Dinge im Laufe der Zeit entwickeln – Özdemir kann ja schließlich nicht allein entscheiden“, sagte Schramm im Jahresauftaktgespräch mit dem Marktkorb. „Bilanz ziehen kann man frühestens nach ein bis zwei Jahren, wenn man weiß, welche Gesetzespakete geschaffen wurden und wie sich der Minister engagiert hat“, so Schramm.
Der Agrarwissenschaftler sieht seine Branche als eine der Hauptantriebsfedern für den Wohlstand in Deutschland, stelle sie doch eine Lebensmittelversorgung auf hohem Niveau im Land sicher. Mit einem interessanten Blick in die Geschichte erinnerte Schramm an die rasante Entwicklung der Landwirtschaft. Habe ein Bauer vor 100 Jahren durch seine Tätigkeit im Schnitt gerade einmal drei Bürger versorgen können, läge diese Zahl heute bei 137. Die derzeitigen Strukturen müssten erhalten werden, um einen hohen Selbstversorgungsgrad mit hochwertigen heimischen Lebensmitteln sicherzustellen.

Sebastian Schramm zufolge erweist sich die Corona-Pandemie als enormer Hemmschuh für ein außenwirksames Auftreten seines Verbandes. „Die Absage des Hessentages hat uns zurückgeworfen, er wäre eine gute Bühne gewesen, um die Landwirtschaft in ihrer Vielfalt zu präsentieren“, bedauert er. Doch der Blick seines Verbandes, der in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen feiert, richtet sich nach vorn. „Mit der Landesgartenschau 2023 steht ja ein nächstes Großereignis ins Haus, das – wenn Corona dann hoffentlich unter Kontrolle ist – ähnlich viele Besucher wie der Hessentag locken könnte, die sich hoffentlich unsere landwirtschaftliche Flächen anschauen können. Bezüglich von Präsentationen und begleitenden Programmpunkten unseres Verbandes sind wir schon kräftig am Planen und hoffen, dass das eine tolle Sache wird.“

Bezüglich der konkreten Planungen für 2022 ließ Schramm aufgrund der derzeitigen Pandemie-Lage bewusst Zurückhaltung erkennen. Höhepunkt soll in jedem Fall die Feier anlässlich des 75-jährigen Verbandsbestehens werden. Die normalerweise im Februar anberaumte Jahreshauptversammlung, so viel kann Schramm zumindest sagen, werde vermutlich wie im Vorjahr Anfang April stattfinden beziehungsweise sobald es die pandemische Lage zulässt. Gesprächsbedarf gibt es nach Darstellungen des KBV-Geschäftsführers allemal. Der größte Punkt sei die wirtschaftliche Unsicherheit für viele Betriebe. Diese würden gerne wieder mehr investieren, beispielsweise in Modernisierungen von Ställen. Aber gerade in der Tierhaltung gebe es immer wieder neue Gesetzgebungen mit neuen Auflagen, die dann mit Übergangsfristen umgesetzt werden müssten. Häufig seien dann ursprüngliche Finanzierungsmodelle über Nacht futsch, sodass für Umbauten Nachfinanzierungen anstünden. Solche Unwägbarkeiten ließen sich nicht vorhersehen und machten Betriebsleiter mürbe.

Während Preisschwankungen bei Lebensmitteln in der Regel noch kalkulierbar seien, setzten die gestiegenen Bau- und Energiekosten in Kombination mit zunehmender Bürokratie und immer wieder neuen Auflagen den Bauern zu. Hinzu kämen immissionsschutzrechtliche Hürden. „Aufgrund der dicht besiedelten Bereiche in unserer Region sind geeignete Standorte für Ställe schwer zu finden“, weist Schramm auf Investitionshemmnisse hin. Extrem schwierig sei es darüber hinaus, direkt in Ortslagen zu bauen. Mit fünf bis sechs Projekten sei die Zahl der Neubauten in den vergangenen drei Jahren „extrem überschaubar“, hinzu käme gerade einmal eine Handvoll Umbauten.